Pistorius kommt in Hausarrest: Luxusvilla statt Gefängnis
Der Sportler darf in der Villa seines Onkels seinen Hausarrest absitzen. Allerdings ist bereits in wenigen Tagen die Berufungsverhandlung, bei der eine höhere Strafe droht.
Johannesburg/Pretoria – Wenn sich die Tore des Gefängnisses Kgosi Mampuru II in Pretoria für Oscar Pistorius am Dienstag öffnen, wird das Hoffen und Warten des beinamputierten Sprinters auf vorzeitige Haftentlassung vorerst ein Ende haben. Unter den Kameraschwenks in- und ausländischer Medienvertreter dürfte es dann direkt in die Luxusvilla seines Onkels gehen.
Der einstige Spitzenathlet, der am Valentinstag 2013 seine Freundin Reeva Steenkamp erschoss und wegen Totschlags zu fünf Jahren verurteilt wurde, lebte dort auch während des Prozesses schon. Onkel Arnold besitzt nach Medienberichten eine 27-Zimmer-Villa im Diplomatenviertel Waterkloof – da lässt es sich komfortabler leben als in der kargen Umgebung der Haftzelle. Swimmingpool, Privatkino, gepflegter Garten – alles da.
Vor allem das private Fitnesscenter dürfte dem Ex-Spitzensportler wichtig sein, er hielt sich nach Medienberichten auch in Haft stets fit. Wenn er in die Auffahrt einbiegt, kann er sich an den Jacaranda-Bäumen erfreuen, deren Blüten gerade Südafrikas Hauptstadt in eine gigantische lila Farbenpracht tauchen.
Strenge Auflagen
Doch Insider wie der südafrikanische Anwalt Cliff Alexander warnen vor dem Eindruck eines unbeschwerten Lebens. „Hausarrest vermittelt einen falschen Eindruck“, sagt Alexander der Zeitung „The Citizen“, „der einzige Unterschied zwischen Hausarrest und Haft sind die Annehmlichkeiten, die es zu Hause gibt“.
Denn zum Hausarrest gehören strenge Auflagen – angefangen bei einem kompletten Alkoholverbot über Sozialstunden und der Pflicht, eine Arbeit anzunehmen, bis hin zu einem Leben, in dem Drohgebärden strikt verboten sind. Selbst um Mitternacht könnten Aufseher unangemeldet an der Haustür läuten, um etwa sofortige Blut- oder Urintests anzuordnen. Würden sie auf Alkohol- oder Drogenkonsum hinweisen, wäre es umgehend vorbei mit der begrenzten Freiheit. Immerhin darf Pistorius zum Gottesdienst gehen.
Der frühere Paralympics-Star, der einst Sportgeschichte geschrieben hatte, wird beim Abstreifen seines orangefarbenen Gefängnisoveralls am Dienstag fast auf den Tag genau ein Jahr in Haft verbracht haben.
Er hatte seine Freundin mit vier Schüssen durch eine geschlossene Toilettentür getötet - im Prozess gab er an, dahinter Einbrecher im gemeinsamen Haus vermutet zu haben. Im Oktober 2014 wurde er dafür zu fünf Jahren Haft verurteilt. Er hat sich aber in Haft gut geführt, daher darf er nach Verbüßung eines Sechstels seiner Strafe in den Hausarrest wechseln.
Gefängnisse hoffnugslos überfüllt
Der Grund für diese Praxis sind hoffnungslos überfüllte Gefängnisse in einem Land, in dem statistisch jeden Tag 49 Morde passieren. Nachdem der Justizminister sich zunächst gegen eine Gewährung des Hausarrestes für Pistorius gesperrt hatte, gab es in den Medien des Landes bereits Befürchtungen, dass diese Verweigerungshaltung Tausenden anderen Häftlingen landesweit ebenfalls die vorzeitige Haftentlassung kosten könnte. Pistorius kann zudem auf Vergebung der Eltern seiner früheren Freundin hoffen. „Die Steenkamps sind keine rachsüchtigen Menschen“, sagte Familienanwältin Tania Koen.
Der bis zu den Todesschüssen vom Valentinstag 2013 wohl berühmteste Behindertensportler der Welt genießt den Hausarrest womöglich aber nur wenige Tage. Denn am 3. November steht in Bloemfontein bereits die Berufung der Staatsanwaltschaft zur Verhandlung an. Sie möchte ein härteres Urteil. Ihm könnte dann eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren drohen. Die Anhörung der Parteien dürfte nach Ansicht der Anwältin Karen van Eck kaum länger als drei oder vier Stunden dauern - danach dürfte es dann eine mehrtägige Vertagung geben, bevor das schriftliche Urteil bekanntgegeben wird. (APA/dpa)