Monoklonale Antikörper verhindern Migräneattacken
Mannheim (APA) - Rund zehn Prozent der Menschen leiden an Migräne. Zur Vorbeugung der Anfälle bei Personen mit häufigen und starken Beschwer...
Mannheim (APA) - Rund zehn Prozent der Menschen leiden an Migräne. Zur Vorbeugung der Anfälle bei Personen mit häufigen und starken Beschwerden gab es bisher verschiedenste Arzneimittel - oft ohne direkt ursächlicher Wirkung. Beim Deutschen Schmerzkongress in Mannheim wurde vergangene Woche eine neue Strategie präsentiert. Es handelt sich um Biotech-Medikamente aus monoklonalen Antikörpern.
Bei der Suche nach neuen Wirkstoffklassen sind jetzt monoklonale Antikörper gegen den Nerven-Botenstoff CGRP in den Fokus getreten. Sie könnten eine neue Ära in der Migränetherapie einleiten, hieß es. „Neben Mitteln zur akuten Schmerzlinderung werden Arzneien zur Vorbeugung immer wichtiger“, sagte Martin Marziniak, Tagungspräsident des Deutschen Schmerzkongresses.
Das sogenannte Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) gilt als der wichtigste Botenstoff bei der Entstehung von Migräne. Er wird aus Nervenzellen freigesetzt, überträgt Schmerzsignale und erweitert die Blutgefäße. Schon vor einigen Jahren wurde gezeigt, dass verschiedene Medikamente Migräneanfälle stoppen können, indem sie den CGRP-Rezeptor blockieren. Allerdings führten diese Substanzen beim Abbau in der Leber zu so starken Nebenwirkungen, dass sie nicht zugelassen werden konnten.
„Im vergangenen Jahr ist es Forschern gelungen, neuartige CGRP-Blocker zur Migräneprophylaxe zu entwickeln“, sagte Uwe Reuter, Leiter der Kopfschmerzambulanz an der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Charite Berlin. Es handelt sich dabei um monoklonale Antikörper. Sie zirkulieren nach der Anwendung im Körper, erkennen eine bestimmte Oberflächenstruktur des Botenstoffs CGRP und des CGRP-Rezeptors, binden daran und blockieren somit die Weiterleitung des Migränesignals.
Laut Reuter sind vier verschiedene monoklonale Antikörper an insgesamt rund 1.000 Patienten, die vier bis 14 Mal pro Monat Migräneattacken hatten, getestet worden. Alle vier Antikörper hätten zu einer Abnahme der Migräneattacken um drei bis sieben Tage pro Monat geführt. Nebenwirkungen seien dabei gleich häufig aufgetreten wie in den Kontrollgruppen, die Placebos bekommen hätten.
„Wir stufen diese neuen Substanzen, die speziell zur Vorbeugung von Migräne entwickelt wurden, als erfolgreich und hoffnungsvoll ein“, betonte Marziniak. Die neuen Medikamente haben nicht nur weniger belastende Nebenwirkungen als die bisher zur Prophylaxe eingesetzten Betablocker oder Antiepileptika, sondern sind auch einfacher in der Anwendung. „Die Patienten nehmen die prophylaktisch wirkenden monoklonalen Antikörper nicht täglich ein, sie werden stattdessen ein- oder zweimal im Monat injiziert“, sagte Marziniak. Bis zur Zulassung der neuen Medikamente könnten allerdings noch rund drei Jahre vergehen.