Zweiter Tag der „Wahlen ohne Wähler“ in Ägypten

Kairo (APA/Reuters) - Die meisten Ägypter sind auch zweiten Tag der Parlamentswahl der Abstimmung ferngeblieben. „Wahlen ohne Wähler“ lautet...

Kairo (APA/Reuters) - Die meisten Ägypter sind auch zweiten Tag der Parlamentswahl der Abstimmung ferngeblieben. „Wahlen ohne Wähler“ lautete am Montag die Schlagzeile der Wirtschaftszeitung „Al-Mal“. Vor allem die jungen Menschen, die einen relativ großen Teil der Bevölkerung stellen, bleiben den Wahllokalen fern.

Viele Ägypter, die 2012 noch in großer Zahl und mit viel Enthusiasmus zur Abstimmung strömten, sind desillusioniert. Sie glauben kaum noch dem Versprechen der Armee, die 2013 die Macht an sich riss, die Demokratie zu erneuern. Die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes bekamen am Montag einen halben Tag frei. Damit wollte die Regierung offenbar die Wahlbeteiligung erhöhen.

Gewählt werden 568 Abgeordnete in zwei Runden. Die erste endet am Montag. Die zweite Runde folgt am 22. und 23. November. Danach kann es noch Stichwahlen geben. 448 Abgeordnete werden direkt und 120 über Listen gewählt. Quoten sind für Frauen, Christen und Jugendliche vorgeschrieben. Der Präsident kann bis zu fünf Prozent der Abgeordneten bestimmen. Das Endergebnis wird nicht vor Dezember erwartet.

Im Juni 2012 hatte ein Gericht die Auflösung des gerade gewählten Parlaments angeordnet, in dem die islamistischen Muslimbrüder stärkste Kraft geworden waren. Ein Jahr später stürzte der damalige Armeechef Abdel Fattah al-Sissi den demokratisch gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi. Die Muslimbrüder wurden als terroristische Organisation eingestuft und verboten.

2014 wurde Sissi selbst zum Präsidenten gewählt. Kurz zuvor war per Referendum eine neue Verfassung verabschiedet worden. Sie gibt dem Parlament weitreichende Machtbefugnisse. Es kann den vom Präsidenten ausgewählten Regierungschef ablehnen und sogar ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Staatschef anstrengen. Da die aktivsten Kräfte der Opposition inzwischen im Gefängnis sitzen, fürchten Kritiker allerdings, dass das Parlament eher ein Zustimmungsgremium für den Präsidenten wird.