Dokumente aus US-Archiven belegen Naziverbrechen in Griechenland
Athen (APA/AFP) - Von der Zahl der zu erschießenden Geiseln bis zur Empfehlung, welches Bordell in Griechenland zu benutzen sei: Die am Mont...
Athen (APA/AFP) - Von der Zahl der zu erschießenden Geiseln bis zur Empfehlung, welches Bordell in Griechenland zu benutzen sei: Die am Montag vom griechischen Verteidigungsministerium öffentlich gemachten Forschungsergebnisse zur Nazi-Besatzung zwischen 1941 und 1944 geben einen detaillierten und grausigen Einblick. Dabei stützte sich die Forschung auf bisher als geheim eingestufte Dokumente aus US-Archiven.
Es sei eine „endlose Liste“ von Tötungen, Plünderungen, Zerstörungen von Dörfern, sagt die Historikerin Efi Paschalidou von der Geschichtsabteilung der griechischen Armee (DIS). Zu den Dokumenten gehören private Tagebücher ebenso wie Berichte der Kommandanten vor Ort an das Oberkommando der Wehrmacht. Sogenannte Vergeltungsaktionen mit Hunderten Toten werden darin beschönigend als „Sühnemaßnahmen“ für Partisanenangriffe bezeichnet. Ganze „Märtyrerdörfer“ - so die Bezeichnung in Griechenland - wurden niedergebrannt, Frauen und Kinder ermordet.
In ausführlichen Listen ist erfasst, wie viele Tonnen Vieh, Getreide, Olivenöl, Fahrzeuge und sogar Wollteppiche beschlagnahmt wurden - zu einer Zeit, als in Griechenland eine Hungersnot grassierte. Die Wehrmachtssoldaten in Epirus im Nordwesten des Landes wurden aufgefordert, „keine Gnade“ walten zu lassen, wie Paschalidou ausführt. Es dürfe „keine Schwäche“ geben, „auch nicht gegenüber Familien“, hieß es. Verdächtige müssten „auf der Stelle erschossen“ werden, andernfalls könne es „deutsches Blut kosten“. Zehntausende griechische Juden wurden deportiert und ermordet.
Die wenigen kretischen Kollaborateure erhielten für ihre Dienste kaum so viel Geld wie ein Brotlaib kostete - auch das geht aus den Dokumenten hervor. Wertvoll sind die Informationen Paschalidou zufolge, „weil sie nicht von einem griechischen Großvater stammen, sondern von den Hitler-Streitkräften selbst“. Die Dokumente wurden von den USA zwischen 2005 und 2007 in Form von 162 Mikrofilmen übergeben.
278,7 Millionen Euro hatte die griechische Regierung im April als Entschädigung für die Nazigräuel von Deutschland verlangt. Für den von den Nazis 1942 der griechischen Notenbank auferlegten Zwangskredit fordert Athen eine Zahlung einschließlich Zinsen von 10,3 Milliarden Euro.
Die Rückzahlung des Zwangskredits, der sich auf 476 Millionen Reichsmark belief, war seinerzeit vertraglich vereinbart worden. Zurückerstattet wurde das Geld jedoch nie. Ein Teil der rückzuzahlenden Summe soll nach Angaben des Finanzministeriums zur Entschädigung von Bürgern sowie zur Wiedergutmachung von Kriegsschäden dienen.
Die deutsche Regierung verweist auf eine Einigung von 1960 mit Griechenland und anderen betroffenen Staaten. Aus Sicht Berlins schließt der 4+2-Vertrag von 1990 zudem weitere Reparationsforderungen aus.