Wahl-Krimi im Schatten des Kilimandscharo: Tansania wählt Staatschef

Daressalam (APA/dpa) - Im ostafrikanischen Safari-Paradies Tansania geht ein spannender Wahlkampf in die Schlussphase. Das Rennen ist knapp:...

Daressalam (APA/dpa) - Im ostafrikanischen Safari-Paradies Tansania geht ein spannender Wahlkampf in die Schlussphase. Das Rennen ist knapp: Erstmals seit der Unabhängigkeit könnte die Chama-Cha-Mapinduzi-Partei (CCM) von Präsident Jakaya Kikwete beim Urnengang am 25. Oktober die Macht verlieren.

Die Opposition wird angeführt vom früheren Regierungschef Edward Lowassa - der war früher CCM-Mitglied und verließ die Partei, als seine Präsidentschaftskandidatur zugunsten des bisherigen Arbeitsministers John Pombe Magufuli abgelehnt wurde. Seitdem führt Lowassa die Chadema-Partei, die mit drei weiteren Oppositionsparteien ein Bündnis geschlossen hat.

Das bitterarme Tansania, das mit der Insel Sansibar eine Union bildet und etwa zweieinhalbmal so groß wie Deutschland ist, gilt als politischer und wirtschaftlicher Stabilitätsanker in der Region. Der Wahl in der einstigen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ kommt daher besondere Bedeutung zu. Unter den knapp 50 Millionen Einwohnern des Landes hat die Chadema-Partei in den vergangenen Jahren zunehmend an Popularität gewonnen. Ihre Stellung im Polit-Gefüge von Afrikas viertgrößtem Goldproduzenten wurde noch dadurch gestärkt, dass der gut vernetzte Lowassa zahlreiche wichtige Gefolgsleute mit zur Chadema holte.

Die regierende CCM musste daher im Wahlkampf stärker als bisher Flagge zeigen und schoss sich verbal auf die Schwachpunkte Lowassas ein, dessen Name auch schon mal in einem Korruptionsskandal auftauchte. Zwar gibt es neben Magufuli und Lowassa noch sechs weitere Kandidaten, doch Beobachter in dem Vielvölkerstaat gehen von einem Kopf-an-Kopf-Rennen der beiden Politiker aus. Zwei von drei Umfragen sagen bisher Magufuli den Sieg voraus, doch wächst die Popularität des Herausforderers. Zwischen Kilimandscharo und Serengeti locken die Kundgebungen der Kandidaten tausende Tansanier.

Der Akademiker Benson Bana von der Universität Daressalam bringt es auf den Punkt: „In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass die Opposition in den städtischen Gebieten eine große Anhängerschaft hatte, doch diesmal gelingt das selbst der CCM in diesen Gebieten.“ Er kommt daher zu dem Schluss: „Nach dem, was wir bisher gesehen haben, ist es sehr schwer vorherzusagen, wer von beiden den Wahlsieg davontragen wird.“

Das Zünglein an der Waage könnte ein Newcomer der politischen Szene werden: die vom Nachwuchspolitiker Zitto Kabwe gegründete ACT-Wazalendo. Auch er ist ein ehemaliges CCM-Mitglied und hat mit Anna Mghwiradie die einzige Kandidatin des Wahlgangs aufgestellt.

Die Partei ACT-Wazalendo rankt ihre Ideologie um die afrikanischen Sozialismus-Theorien von Staatsgründer Julius Nyerere. Das nach der Unabhängigkeit von Großbritannien 1961 von Nyerere als Präsident eingeführte sozialistische System hatte verheerende Folgen für die Wirtschaft des Landes. Vor fast 20 Jahren wurde daher eine Liberalisierung eingeleitet, die auch der seit 2005 amtierende Staatschef Jakaya Kikwete fortsetzt.

Dennoch sieht sich der Nachwuchspolitiker Kabwe auf Erfolgskurs: „Angesichts des Wettbewerbs der beiden großen Parteien könnten wir der entscheidende Faktor werden, wenn es um die Frage geht, auf wen sich der Mehrheitsführer im Parlament stützen kann.“

Allerdings hat er eine Koalition mit einer der großen Parteien bereits abgelehnt - mit der Bemerkung: „Wir wollen die Rolle der Opposition annehmen, da wir uns für die nächsten Parlamentswahlen aufstellen.“ Und in der Bevölkerung scheint der Wunsch nach einem Wandel stark zu sein. Alle Parteien haben ihn sich daher auf die Fahnen geschrieben. So verspricht Lowassa bei einem Wahlsieg freie Bildung für alle - bis zum Studium. Derartige Versprechen fallen in Tansania auf fruchtbaren Boden, denn trotz guter jährlicher Wachstumsraten gehört das Land weiter zu den ärmsten der Welt.

(Zur Wahl am 25. Oktober)