Polen-Wahl: Acht Jahre PO-PSL-Regierung - eine Bilanz

Warschau (APA) - Acht Jahre lang hat die Koalition der rechtsliberalen „Bürgerplattform“ (PO) und der Bauernpartei PSL Polen regiert. Seit 2...

Warschau (APA) - Acht Jahre lang hat die Koalition der rechtsliberalen „Bürgerplattform“ (PO) und der Bauernpartei PSL Polen regiert. Seit 2007 ist vor allem die wirtschaftliche Kluft zwischen den westlichen EU-Ländern und Polen merklich geschrumpft. Manches ist PO und PSL in den Augen der Wähler jedoch nicht gelungen, worauf auch ihre relativ schwachen Umfragewerte vor den kommenden Parlamentswahlen hindeuten.

Die PO-PSL-Koalition übernahm die Regierung in einer äußerst günstigen Zeit. Die polnische Wirtschaft lief auf Hochtouren, das Land nützte die Vorteile des EU-Beitritts, europäische Gelder flossen ins Land. Die Idylle hielt aber nicht lange an. Sehr bald schon wurde die globale Wirtschaft durch die große Finanzkrise erschüttert. Auch die polnische Wirtschaft war von der Verlangsamung des Wachstums betroffen, ging mit der Krise aber erfolgreicher um als die meisten anderen Länder in der EU. Auch wenn die Opposition dies bisweilen anders beschreibt, bewältigte Polen die Krise objektiv betrachtet recht gut. Das kumulierte Wirtschaftswachstum betrug in Polen von 2008 bis 2014 23,8 Prozent - der höchste Wert in der gesamten EU.

Die globale Wirtschaftskrise führte jedoch dazu, dass die PO-PSL-Regierung Abstriche bei den geplanten wirtschaftlichen Maßnahmen machen musste. So kam statt der versprochenen Steuersenkung eine Erhöhung der Mehrwertsteuer. Vom früher geforderten einheitlichen niedrigen Einkommenssteuersatz haben sich die Liberalen endgültig verabschiedet. In der Krise wuchs auch die Verschuldung des Staates rapide, sodass die EU-Kommission 2009 ein Verfahren gegenüber Polen wegen eines übermäßigen Budgetdefizits einleitete, in dem das Land erst im Mai 2015 entlastet wurde.

Die Lage der Staatsfinanzen zwang die Regierung zur Einleitung einiger unpopulärer Reformen. So wurden Löhne im staatlichen Sektor eingefroren und einige kostspielige Privilegien abgeschafft. Am meisten schadete der Popularität der Regierung die Forderung nach einer Erhöhung des Pensionsantrittsalters auf 67 Jahre für beide Geschlechter. Auch eine trotz Protesten von Eltern forcierte Reform des Bildungssystems, die die Einschulung von Sechsjährigen betraf, trug der Koalition zahlreiche Gegner ein.

Als Erfolg der PO-PSL-Regierung gilt hingegen die wirksame Nutzung von EU-Fonds. Polen konnte wie kein anderes neues EU-Mitglied Hilfsgelder aus Brüssel lukrieren. Allerdings lässt sich die Frage, ob diese immer vernünftig verwendet wurden, schwer beantworten. Als negative Beispiele werden vor allem massenhaft in ganz Polen eingerichtete Freibäder oder Flughäfen in Kleinstädten genannt, die zumeist Verluste einbrachten.

Als großes Plus der Regierung wird die Verbesserung des Zustands der öffentlichen Straßen und der Ausbau von Schnellverkehrstraßen angeführt. Seit 2007 ist das Autobahnnetz um fast 900 Kilometer (2,5-fach) und das Schnellstraßennetz um mehr als 1.200 Kilometer (fast sechsfach) verlängert worden. Die Pläne waren zwar noch ehrgeiziger, aber keine frühere Regierung Polens hatte auf diesem Gebiet bisher so viel getan.

Als größtes Problem der Koalition gilt, dass viele Bürger die Früchte des Wirtschaftswachstums nicht in ihrem eigenen Leben sehen. Vor allem junge Leute haben Probleme bei der Jobsuche und leiden unter Perspektivenmangel. Immer mehr Menschen verdienen den Mindestlohn und haben Verträge ohne Anspruch auf Urlaub und Pensionsversicherung. Der Anteil der Menschen, die unter dem Existenzminimum leben, ist zwischen 2008 und 2014 von 5,6 auf 7,4 Prozent gewachsen.

In eine wirklich schwere Krise hat die Regierung jedoch etwas anderes gestürzt: Das Nachrichtenmagazin „Wprost“ brachte Anfang Juni 2014 mit der Veröffentlichung von illegal in Restaurants in Warschau abgehörten Gesprächen von 90 Personen, vor allem prominenten PO-Funktionären, eine große Abhöraffäre ins Rollen, die der PO einen erheblichen Imageschaden bescherte. Der Inhalt der abgehörten Gespräche, aber auch hohe, mit Dienstkreditkarten beglichene Rechnungen sowie luxuriöse Restaurantbesuche festigten das Bild der PO als einer „Partei der Reichen“, die sich zunehmend von den Durchschnittsbürgern entfremdet habe. Vieles deutet darauf hin, dass das dabei verlorene Wählervertrauen die PO nach der kommenden Parlamentswahl auch die Macht kosten könnte.