Polen-Wahl: Kopacz versus Szydlo - Duell der starken Frauen

Warschau (APA) - Der Wahlkampf vor der Parlamentswahl am 25. Oktober ist in der Geschichte Polens beispiellos. Zum ersten Mal haben zwei Fra...

Warschau (APA) - Der Wahlkampf vor der Parlamentswahl am 25. Oktober ist in der Geschichte Polens beispiellos. Zum ersten Mal haben zwei Frauen die besten Chancen auf das Premiersamt: Die bisherige Ministerpräsidentin und Chefin der rechtsliberalen „Bürgerplattform“ (PO), Ewa Kopacz, steht der Vizevorsitzenden der rechtskonservativen Oppositionspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), Beata Szydlo, gegenüber.

Dass zwei Frauen Spitzenkandidatinnen der beiden stärksten Gruppierungen geworden sind, widerspricht dem Stereotyp Polens als einem Land, in dem sich das sogenannte schwache Geschlecht vor allem um Haushalt und Kinder kümmert. Wenn man die Beteiligung der Frauen in der Politik analysiert, ist Kopacz tatsächlich erst die zweite Frau im Amt des Regierungschefs seit der Wende 1989. Auch der Anteil der Frauen im polnischen Parlament - 24 Prozent - macht keinen großen Eindruck. Obwohl sich beide Politikerinnen ihre Positionen hart erarbeitet haben, scheinen ihre Karrieren die These zu bestätigen, dass über das Erklimmen des Gipfels der Macht oft ein Zufall oder Kalkül des politischen Förderers entscheidet.

Durch die Berufung von Premier Donald Tusk zum EU-Ratspräsidenten bekam Kopacz die Möglichkeit, Ministerpräsidentin zu werden. Der Gründer und jahrelange PO-Chef hatte seine engste Vertraute zu seiner Nachfolgerin erkoren - laut Beobachtern auch, um den Einfluss des aktuellen Außenministers Grzegorz Schetyna in der Partei zu beschränken. Szydlo wurde Vizechefin der PiS, nachdem ihre Vorgängerinnen Grazyna Gesicka und Aleksandra Natalii-Swiat beim Absturz der polnischen Regierungsmaschine in Smolensk 2010 ums Leben gekommen waren. Sie bewährte sich heuer als Chefin des Wahlstabs von Andrzej Duda, der überraschend im Mai zum Präsidenten gewählt wurde. Der Erfolg des Wahlkampfes veranlasste PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski dazu, Szydlo offiziell zur Premierskandidatin der Partei zu machen.

Die Präsenz der beiden Frauen als wichtigste Gesichter des Wahlkampfes hat dazu beigetragen, dass sich der Urnengang von früheren Parlamentswahlen unterscheidet. Nicht unbedingt, was die Umsetzbarkeit der gemachten Wahlversprechen oder die Sachlichkeit der Debatten betrifft. Beobachter betonen jedoch, dass die Stimmung der politischen Auseinandersetzung nicht mehr so hitzig und die gegenseitige Attacken nicht so brutal wie in der Vergangenheit seien.

Vom Wesen her gelten die beiden Spitzenkandidatinnen als grundverschieden - Kopacz tritt als sehr aktiv auf, Szydlo als eher ruhig. Beide suchen im Wahlkampf nahen Kontakt mit den Wählern. Szydlo reist in Polen mit einem Bus herum, Kopacz mit dem Zug.

Das Ergebnis des Wahlkampfs ist mittlerweile vor allem für die PiS-Spitzenkandidatin zufriedenstellend. Die Polen sind mehrheitlich der Meinung, dass Szydlo nach den Wahlen die bessere Ministerpräsidentin wäre. Diese Auffassung äußerten 32 Prozent der Befragten in einer neuen Umfrage des Instituts Ipsos für den Fernsehsender TVP1. Die bisherige Regierungschefin nannten hingegen nur 23 Prozent. Noch vor einigen Wochen waren die Regierungskompetenzen der beiden Kandidatinnen umgekehrt bewertet worden.

Die beiden Politikerinnen, die sich in den vergangenen Monaten nur via Medien unterhalten hatten, trafen am Montagabend in einem direkten Fernsehduell aufeinander. Experten betonten im Vorfeld, es handle sich um eine der letzten Chancen, die immer noch bedeutende Zahl unentschiedener Wähler - rund zehn Prozent - zu überzeugen. Beobachtern zufolge dürfte die Debatte allerdings keine Revolution in den Umfragen zur Folge haben. Keine der beiden Kandidatinnen könne sich zur klaren Siegerin erklären. Anders als für Kopacz könnte für Szydlo laut Umfragen ein Unentschieden allerdings völlig ausreichend sein.