Kanadas „Kennedy“ Trudeau tritt aus dem Schatten seines Vaters
Ottawa (APA/AFP) - Mit seinem Erfolg bei der Parlamentswahl in Kanada tritt Justin Trudeau aus dem Schatten seines Vaters - und gleichzeitig...
Ottawa (APA/AFP) - Mit seinem Erfolg bei der Parlamentswahl in Kanada tritt Justin Trudeau aus dem Schatten seines Vaters - und gleichzeitig in dessen Fußstapfen. Der 43-Jährige ist der Sohn des langjährigen Regierungschefs Pierre Trudeau.
Bei der Abstimmung am Sonntag führte er seine liberale Partei nun aus der Opposition zur absoluten Mehrheit und drängte den seit neun Jahren regierenden konservativen Premierminister Stephen Harper aus dem Amt.
Von seinen Konkurrenten wurde Trudeau lange belächelt. Er sei einfach nicht bereit für das Amt des Regierungschefs, ätzten die Konservativen. Zu unerfahren sei der fast jugendlich anmutende und fotogene Chef der Liberalen. Trudeau möge zwar „nicht der cleverste Typ“ sein, sagte hingegen der frühere liberale Abgeordnete Bob Rae kürzlich in einem Zeitungsinterview. „Aber er mag Menschen und die Menschen mögen ihn.“
Die Trudeaus werden oft mit dem Kennedy-Clan in den USA verglichen. Justin Trudeaus Vater Pierre stand von 1968 bis 1979 und zwischen 1980 und 1984 an der Spitze der Regierung. Er gilt als der Vater des modernen Kanadas. Er wurde für seinen politischen Scharfsinn bewundert, mit dem er die Einheit des Landes gegen die Separatisten in der Provinz Quebec verteidigte. In Trudeaus Amtszeit fällt auch die Verabschiedung der kanadischen Charta der Rechte und Freiheiten.
Der Weg seines Sohnes Justin in die Politik war keineswegs vorgezeichnet, obwohl schon seine Geburt im Dezember 1971 landesweit Schlagzeilen machte. Der erstgeborene Filius des Premierministers wuchs im Sussex Drive 24 in Ottawa auf, dem offiziellen Wohnsitz des kanadischen Regierungschefs. Dennoch deutete zunächst nichts darauf hin, dass er einst mit 43 Jahren - dem gleichen Alter, in dem US-Präsident John F. Kennedy sein Amt antrat - die Regierungsgeschäfte übernehmen würde.
Trudeau verdingte sich als Lehrer, Barkeeper, Türsteher und Snowboard-Lehrer, darüber hinaus engagierte er sich für alle möglichen guten Zwecke. Einen Wendepunkt markierte dann seine mitreißende Trauerrede bei dem Staatsbegräbnis seines Vaters im Jahr 2000. Doch die Rufe nach einem Einstieg in die Politik kamen für ihn zu früh. Er habe damals nicht den Karriereweg einschlagen wollen, der unweigerlich dazu führen würde, dass er sich an seinem Vater messen lassen müsse, schrieb er im vergangenen Jahr in seinen Memoiren.
2005 heiratete Trudeau die TV-Moderatorin Sophie Gregoire, das Paar hat drei Kinder. Zwei Jahre später betrat er dann doch die politische Bühne und trat in einem Arbeiterbezirk in Montreal zur Parlamentswahl an. Seit 2008 sitzt Trudeau nun im kanadischen Unterhaus, seit 2013 steht er außerdem an der Spitze der liberalen Partei. Kurz darauf sorgte sein Geständnis, gelegentlich Marihuana geraucht zu haben, für einen kleinen Skandal. Konsequenterweise trat er später im Wahlkampf für die Legalisierung von Cannabis ein.
Für seine Partei warb Trudeau in den vergangenen beiden Jahren umgerechnet 25 Millionen Euro an Spendengeldern ein. Er mobilisierte 57.000 Freiwillige für seine Wahlkampagne, die Mitgliederzahl der Liberalen stieg auf 300.000. Zum Stressabbau traf sich Trudeau als Kandidat regelmäßig mit einem Mitarbeiter im Boxring. „Beim Boxen geht es nicht darum, seinen Gegenüber zu vermöbeln. Es geht darum, an seinem Plan festzuhalten, während der andere Typ auf dich einschlägt“, erklärte Trudeau. Zumindest im jüngsten Wahlkampf ging diese Strategie auf.