Primagaz will nicht umziehen
Weitere Diskussionen über Seveso-III-Anpassungsgesetz in Kirchbichl. Primagaz-Firmenleitung will wegen der zu großen Kosten nicht vom Standort absiedeln. Erweiterung sei kein Thema.
Von Wolfgang Otter
Kirchbichl –Seit 1. Juni müssen die Bewohner der so genannten „Gassiedlung“ in Kirchbichl-Kastengstatt nahe des Primagaz-Werkes mit den Auflagen des Seveso-III-Anpassungsgesetzes leben. Ein Gesetz, das durch Einschränkungen für Anrainer viele Diskussionen mit sich brachte. So ist z. B. eine Erhöhung der Anzahl der gefährdeten Personen verboten. In Kirchbichl betrifft dies einen Umkreis von rund 300 Metern um das Werk. Diese und andere Auflagen müssen in die Raumordnung einfließen. Damit wird das ganze Gebiet praktisch zur roten Zone.
Das Land Tirol sieht aber bezüglich weiterer Wohnverbauung ein Schlupfloch. Im Gesetz sei angegeben, dass es keine signifikante Erhöhung geben dürfe, für das Land liegt dabei die Grenze bei unter zehn Prozent Zuwachs. Im Falle der Siedlung, wo etwa 160 Personen im gefährdeten Bereich leben, sind dies an die 15 Personen.
Trotzdem sahen viele Anrainer den Wert ihres Grundstückes vermindert. Entsprechend laut war auch der Protest gegen Gesetz und Firma, der Ruf nach der Absiedelung des Werkes und der dort bis zu 197 Tonnen gelagerten Gases wurde laut. Das war im Frühjahr, nun im Spätherbst kommt die Absage seitens der Primagaz-Geschäftsführerin, Kerstin Büdel. Die Umsiedlung koste Millionen, ganz abgesehen davon, dass ungewiss sei, ob in einem anderen Ort ein passendes Grundstück zu finden sei. „Wir führen hier das Werk ordentlich“, betont Büdel. Dies habe auch die jüngste Überprüfung durch die Gewerbebehörde ergeben. Man habe zwar Verständnis für die Anrainer, „aber das muss auch wirtschaftlich vertretbar sein“, sagt sie. Zugleich bemühe man sich auch, ein Einvernehmen mit den Nachbarn herzustellen. So sei geplant, am Werk einiges optisch zu verbessern, außerdem die Gasabfüllung nachzubessern, damit sie leiser wird. „Aber nicht jeder Lkw fährt zu uns“, wehrt sich Büdel zugleich, dass das Werk für jede Belastung verantwortlich sei. Bürgermeister Herbert Rieder würde die Absiedelung trotz Kommunalsteuerverlust auch gerne sehen. Rechtlich seien ihm jedoch die Hände gebunden. Zugleich stellt er aber fest, dass keine Werkserweiterung mehr möglich sei. „Die Widmung schließe ich aus“, sagt Rieder. Das wiederum ist für Büdel kein Problem. „Wir sind in einem Markt, der nicht gewaltig wächst“, sagt sie. Daher sei man mit dem Platzangebot zufrieden.
Für die Anrainer geht es nicht nur um die Auswirkungen auf die Raumordnung. „Wir leben mit einem Gefahrpotenzial, das nicht einschätzbar ist. Außerdem – wer kontrolliert die Ventile der im Gelände gelagerten alten Container, in denen sich zum Teil noch Gas befindet?“, zeigt Anrainer Manfred Schwarzenbacher Ängste der Siedlungsbewohner auf. Er weist auch auf die nahen ÖBB-Bahngleise hin. Die ÖBB, zugleich Verpächter des Grundstücks, weisen jedoch Zuständigkeit und Gefährdung durch Funkenflug der Züge zurück.