Nahost-Konflikt

Ban wegen Gewaltwelle im Nahen Osten, erneut Messerattacke

Proteste aus Solidarität mit jenen Palästinensern, die mit den Israelis kämpfen, in Gaza.
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Wegen der Zerstörung der Wohnung eines Attentäters kam es zu erneuten Unruhen im Westjordanland. Ein hochrangiger Hamas-Führer wurde festgenommen.

Jerusalem/Ramallah – Angesichts der neuen Gewalteskalation zwischen Israelis und Palästinensern reist UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon am Dienstag in die Konfliktregion. Ban trifft sich laut UNO-Angaben am Dienstag mit Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und dem palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas. Die Serie palästinensischer Anschläge mit Stich- und Schusswaffen auf Israelis setze sich indes fort.

Ban, der am Nachmittag auch Israels Staatspräsidenten Reuven Rivlin treffen wollte, hatte sich in einer Videobotschaft direkt an Israelis und Palästinenser gewandt und vor einer „gefährlichen Eskalation“ gewarnt. „Lassen Sie mich deutlich sein: Gewalt wird das legitime palästinensische Streben nach Eigenstaatlichkeit nur schwächen, genauso wie das Verlangen der Israelis nach Sicherheit. „Israelische Medien sprachen von einem zweitägigen Besuch Bans in der Region, UNO-Angaben zufolge handelt es sich jedoch nur um den Dienstag.

Steinmeier: „Kein Öl ins Feuer gießen“

Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier mahnte Israelis und Palästinenser am Dienstag zu Besonnenheit. „Mein Appell geht an alle Verantwortlichen, jetzt kein Öl ins Feuer zu gießen, sondern mit Augenmaß zu reagieren und zur Beruhigung der Lage beizutragen“, sagte Steinmeier bei einem Besuch in Jordanien. „Alles andere würde mit unabsehbaren Folgen den Konflikt nur weiter anheizen.“ Steinmeier forderte einen „neuen Anlauf im Nahost-Friedensprozess“.

Die Gewalt in der Konfliktregion nimmt indes kein Ende. Bei neuen Konfrontationen im südlichen Westjordanland verletzte ein Palästinenser am Dienstag einen israelischen Offizier mit einem Messer leicht. Der Angreifer sei daraufhin von anderen Sicherheitskräften erschossen worden, berichtete der israelische Rundfunk. Der Zwischenfall ereignete sich der Armee zufolge bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften im Dorf Beit Awwa südwestlich von Hebron nahe der Grenze zwischen Israel und dem besetzten Westjordanland.

Wohnungszerstörungen als „Strafmaßnahme“

In Hebron und Umgebung waren Unruhen ausgebrochen, nachdem in der Früh die Wohnung eines Attentäters als Strafmaßnahme zerstört wurde. Der Palästinenser hatte vor knapp einem Jahr bei einem Auto-Anschlag eine 25-jährige Israelin getötet. Angesichts einer Welle palästinensischer Anschläge hatte Israels Sicherheitskabinett beschlossen, Verfahren zur Zerstörung der Häuser von Attentätern zu beschleunigen. Menschenrechtler kritisieren die Häuserzerstörungen als Kriegsverbrechen. In der Regel wohnen in den betroffenen Häusern die Familien der Attentäter, die infolgedessen obdachlos werden.

Seit Monatsbeginn sind bei der Gewaltwelle acht Israelis, ein Afrikaner und 45 Palästinenser getötet worden. Mehr als die Hälfte der Palästinenser wurde bei ihren Anschlägen von israelischen Sicherheitskräften oder Zivilisten erschossen, der Rest kam bei anderen Auseinandersetzungen ums Leben. Als ein Auslöser der jüngsten Gewaltwelle gelten Streitigkeiten um den Tempelberg der Jerusalemer Altstadt, die Israel 1967 erobert und später annektiert hatte.

Israel riegelt Ostjerusalem mit Betonsperren ab

Israels Polizei hatte am Sonntag damit begonnen, arabische Viertel im Ostteil Jerusalems mit hohen Betonsperren abzuriegeln. Ein geplanter Bau einer längeren Mauer zwischen arabischen und jüdischen Vierteln in Ost-Jerusalem wurde jedoch laut Medienberichten nach heftiger Kritik rechtsorientierter israelischer Minister zunächst wieder gestoppt. Die Politiker hatten einen Mauerbau als Fehler bezeichnet, weil es als Beginn einer Teilung Jerusalems ausgelegt werden könnte.

Israels Armee nahm in der Nacht auf Dienstag den ranghöchsten Führer der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas im Westjordanland fest. Soldaten hätten Hassan Yousef in seinem Haus in Ramallah in Haft genommen, teilte das Militär mit. Yousef habe öffentlich zu Anschlägen auf Israelis aufgerufen, hieß es zur Begründung. Der 1955 geborene Yousef hat in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Zeit in israelischen Gefängnissen verbracht. (APA/dpa/AFP)