TT-Interview

Thiem-Coach Bresnik: „Es fehlt die richtige Ausbildung“

Der 54-jährige Wiener Günter Bresnik, Trainer von Österreichs Top-20-Spieler Dominic Thiem, bemängelt das Trainingssystem.
© gepa/hauer

Günter Bresnik sprach vor dem heutigen Wien-Auftritt seines Schützlings Dominic Thiem über das neue ÖTV-Konzept, das Damen und Herren trennen soll, und ortet Fehler in der Tennis-Ausbildung. Auch in Tirol.

Herr Bresnik, Ihr Schützling Dominic Thiem spielt heute in der ersten Runde der Erste Bank Open gegen den Polen Jerzy Janowicz. Wie sehen Sie das Los?

Günter Bresnik: Janowicz ist einer der unangenehmsten Gegner. Er hat schon fast alle guten Spieler geschlagen. Aber für Dominic geht es jetzt darum, endlich auch mal bei größeren Turnieren als den 250ern aufzuzeigen. Bei 1000- oder 500-Punkte-Turnieren hat er noch zu wenig gute Ergebnisse. Und mein Wunsch ist es, dass er bei den Grand Slams seine Leistung bringt.

Wien wäre dann eine gute Chance zum Punkten.

Bresnik: Es geht nicht nur ums Punkten. Am meisten hat mich an der Niederlage gegen John Isner in Shanghai geärgert, dass er nicht gegen Djokovic spielen konnte. Das sind die Spiele, die er braucht. Bei solchen Partien kann er sich entwickeln und viel lernen.

Thiems Differenzen mit dem Österreichischen Tennisverband (ÖTV) sind längst beigelegt. Ein Vorteil?

Bresnik: Dominic bewegt das alles nicht. Ein Spitzensportler im Tennis hat nur mehr wenig zu tun mit einem Verband. Beim Skifahren wird alles vom Verband gelenkt. Viele wollen es mit Druck schaffen. Das ist im Tennis zum Glück nicht der Fall.

Am Mittwoch wird ein neues ÖTV-Konzept präsentiert, an dem Sie mitgearbeitet haben sollen. Entspricht es nun Ihren Vorstellungen?

Bresnik: Ich habe nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass es immer noch Dinge gibt, die mir nicht passen. Man darf sich nicht mit den 15-, 16-jährigen Talenten auseinandersetzen, bei denen man zu viel versäumt hat. Es geht darum, dass man bei den 8- bis 14-Jährigen eine flächendeckende gute Ausbildung in ganz Österreich bekommt. Man muss mit den jungen Spielern ein wirklich gutes Programm aufziehen. Dann haben wir in ein paar Jahren ein sehr gutes Feld aufgestellt. Wenn die Ausbildung in diesem Alter nicht passt, dann hast du später keine Chance.

Es soll ja eine Verteilung der Leistungszentren geben. Wie genau sieht das aus?

Bresnik: In Linz sind die Frauen, weil dort Jürgen Waber (Fed-Cup-Kapitän, Anm.) ist. In die Südstadt kommen die Männer. Aber dort wird erst ab 15 Jahren gefördert. Da kommen dann vielleicht die 16-Jährigen zusammen.

Im Tiroler Tennisverband wurde ein fehlendes Leistungszentrum in Innsbruck beklagt. Wie sehen Sie das?

Bresnik: Ich spreche ja von den Spielern zwischen acht und 14 Jahren – in diesem Alter braucht es kein Zentrum. Aber bei diesem Nachwuchs werden die Fehler gemacht. Da fehlt die richtige technische Ausbildung, da brauche ich besser viele Zentren.

Sie meinen die verschiedenen Schulen?

Bresnik: Ja. Die Schüler müssen flächendeckend technisch gut ausgebildet werden. Dafür braucht es Trainer, die selbst gut geschult sind. Und da gibt es meiner Meinung nach zu wenige.

Woran scheitert es? Fehlen die lizenzierten Trainer?

Bresnik: Es ist egal, ob jemand eine Lizenz hat oder nicht. Es gibt genug gute Trainer, die keine Lizenz haben. Aber wenn einer einen talentierten Spieler in seinen Reihen hat, dann muss man auch bereit sein, sich zu öffnen und international weiterzubilden.

Tirols Riesentalent Gabriel Huber kam mit 15 Jahren in die Südstadt und trainiert dort auch bei Ihnen. Wie schätzen Sie ihn ein?

Bresnik: Er steht an der Kippe und hat noch Chancen. Aber wenn ich sehe, was der alles nicht kann, dann ist das ein Wahnsinn. Und der ist nicht dumm, der ist nicht faul. Der nimmt es extrem ernst, ist sehr engagiert, wissbegierig.

Was wurde Ihrer Meinung nach falsch gemacht?

Bresnik: Er wurde technisch falsch ausgebildet. Er hat einen natürlichen Schlag, der ist ein Traum. Aber leider sind viele nicht imstande, über die Landesgrenzen hinauszuschauen. Das ist absurd. Gabriel hat jetzt technisch noch so viel aufzuholen.

Nehmen Sie ihn dann auch mal her und erklären ihm, was er trainieren muss?

Bresnik: Das braucht der gar nicht. Gabriel ist ein extrem gescheiter Kerl. Er ist interessiert, freut sich über alles, was man ihm zeigt. Aber du musst es mit ihm dann auch stundenlang üben. Der Fehler ist viel früher gemacht worden. Er war mit elf, zwölf, 13, 14 Jahren österreichweit ein super Spieler. Und erst in Tirol. Aber zu wissen und vorauszusehen, was er braucht, wenn er 18 Jahre alt ist, das wurde wie bei vielen versäumt.

Das Gespräch führte Roman Stelzl

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