Genehmigungen für deutsche Rüstungsexporte gestiegen
Berlin (APA/AFP) - Die große Koalition in Deutschland hat sich einer restriktiven Rüstungsexportpolitik verschrieben - die Ausfuhrgenehmigun...
Berlin (APA/AFP) - Die große Koalition in Deutschland hat sich einer restriktiven Rüstungsexportpolitik verschrieben - die Ausfuhrgenehmigungen sind in den ersten sechs Monaten des Jahres allerdings kräftig gestiegen. Die Regierung billigte bis Ende Juni Waffenexporte im Wert von 3,5 Milliarden Euro.
Das sind fast genauso viele wie im gesamten Vorjahr, wie aus einem Zwischenbericht des Bundeswirtschaftsministeriums hervorging, der AFP am Dienstag vorlag. Die Oppositionsparteien Grüne und Linke kritisierten die Entwicklung scharf und nahmen vor allem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) ins Visier: Dieser habe eine strengere Ausfuhrpolitik in Aussicht gestellt und lasse der Ankündigung nun keine Taten folgen. Gabriels Ministerium führte den Anstieg der Genehmigungen vor allem auf statistische Einmaleffekte zurück, die das Ziel einer restriktiveren Exportpolitik nicht in Frage stellten.
Gut ein Drittel des Gesamtwerts der Genehmigungen im ersten Halbjahr gehe auf die Bestellung von vier Tankflugzeugen durch Großbritannien zurück, erklärte ein Ministeriumssprecher. Eine erhebliche Summe zur Gesamtbilanz trage auch die Genehmigung für ein U-Boot für Israel bei, das bereits 2003 zugesagt worden sei. Der Gesamtwert der Genehmigungen sei „kein tauglicher Gradmesser für eine bestimmte Rüstungsexportpolitik“.
Die Opposition wollte dies nicht gelten lassen. „Gabriels vollmundige Ankündigung einer restriktiveren Rüstungsexportpolitik war nur hohles Gerede“, kritisierte Linken-Verteidigungsexperte Jan von Aken. „Anstatt die tödlichen Exporte zu reduzieren, ist er auf dem Weg zum Allzeithoch.“ Die Grünen-Wehrexpertin Agnieszka Brugger kritisierte, dass Gabriels Kehrtwende ausgeblieben sei: Der SPD-Minister hätte „die Chance für einen echten Politikwechsel“ nutzen müssen.
Mehr als die Hälfte (knapp 52 Prozent) der genehmigten Rüstungsausfuhren waren für Verbündete in EU und NATO bestimmt, wie aus dem Zwischenbericht der Regierung weiter hervorgeht. Der Rest ging an nicht verbündete Drittländer, unter ihnen auch einige in Krisenregionen.
So stieg der Wert der Exportgenehmigungen für Saudi-Arabien auf 178 Millionen Euro. Die Bundesregierung betonte, dass dafür keine Panzer oder ähnliches geliefert würden, sondern Komponenten wie etwa Fahrgestelle für Transporter. Nach Kuwait wurde demnach die Lieferung von zwölf Spürpanzern genehmigt, nach Syrien ein geschütztes Fahrzeug und Teile davon für eine UN-Mission, und in den Nordirak deutsche Waffen für die kurdischen Peschmergakämpfer.
Der Linken-Abgeordnete van Aken zeigte sich „ziemlich fassungslos, dass auch noch Rüstungsexporte an die Golfstaaten genehmigt wurden“, die unter anderem in den Krieg im Jemen verstrickt seien. Grünen-Politikerin Brugger warf Gabriel Unglaubwürdigkeit vor, „denn Deutschland exportiert weiter Waffen in Kriegsgebiete“.
Als Erfolg seiner Rüstungsexportpolitik hob das Wirtschaftsministerium den Rückgang der Genehmigungen bei den Kleinwaffen hervor: Im ersten Halbjahr hätten sie sich hier auf einen Wert von 12,4 Millionen Euro summiert - nach 21,3 Millionen im Vorjahreszeitraum. Damit sei in diesem Segment der niedrigste Wert seit 15 Jahren erreicht. Im Frühjahr hatte die Bundesregierung die Exportrichtlinien für Kleinwaffen verschärft. Der Zwischenbericht zu den Exportgenehmigungen soll am Mittwoch vom Bundeskabinett gebilligt werden.