OGH bestätigt jahrelange Haftstrafen für Ex-Immofinanz-Manager
Wien (APA) - Weil sie mit millionenschweren Aktiengeschäften ihren Konzern geschädigt haben, müssen Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovics und ...
Wien (APA) - Weil sie mit millionenschweren Aktiengeschäften ihren Konzern geschädigt haben, müssen Ex-Immofinanz-Boss Karl Petrikovics und Ex-Aufsichtsratschef Helmut Schwager sechs bzw. viereinhalb Jahre hinter Gitter. Dieses Urteil des Erstgerichts aus dem Jahr 2013 hat der Oberste Gerichtshof (OGH) am Dienstag bestätigt und somit Nichtigkeitsbeschwerden und Berufungen dagegen verworfen.
Lediglich die ohnehin nur bedingte Haftstrafe für den früheren Immofinanz-Prokuristen Christian Thornton wurde geringfügig von zwei Jahren auf 15 Monate herabgesetzt. Bei ihm sah das Höchstgericht im Gegensatz zu Petrikovics und Schwager keine erhebliche Bereicherungsabsicht.
Eine zentrale Rolle bei der öffentlichen Verhandlung spielte die Frage, ob der sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch vom Erstgericht beauftragte Sachverständige befangen war. Darauf stützten die Hauptbeschuldigten nämlich ihre Nichtigkeitsbeschwerden.
Mit diesem komplexen juristischen Thema hat sich im Gefolge des Immofinanz-Prozesses heuer auch bereits der Verfassungsgerichtshof (VfGH) befasst und grundsätzlich festgestellt, dass Gerichtssachverständige nicht allein aus dem Grund befangen sind, weil sie im selben Fall schon für die Staatsanwaltschaft tätig waren. Es müsse vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob darüber hinaus weitere Befangenheitsgründe vorliegen.
Petrikovics zeigte sich laut seinem Anwalt Otto Dietrich „entsetzt über die völlig unverständliche Entscheidung des OGH“. Das Höchstgericht habe heute die „bisherige skandalöse Praxis des Gutachterwesens einzementiert. Befangenheit liegt nunmehr offenbar nur mehr vor, wenn der Gutachter vom Staatsanwalt auf einen Skiurlaub eingeladen wird, so auch die heute vorgebrachte Sicht der Generalprokuratur, der der OGH offensichtlich gefolgt ist.“
Dietrich kündigte nach der Verhandlung an, deswegen den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) anzurufen.
Laut OGH war der Immofinanz-Gutachter nicht befangen. „Die bloße Tätigkeit für eine Behörde über eine längere Zeit und die daraus lukrierten Erlöse machen einen Sachverständigen noch nicht befangen“, so Höchstrichter Michael Schwab. „In der Regel wird ein guter Sachverständiger häufiger beschäftigt als ein schlechter.“
Petrikovics‘ Verteidiger Dietrich hatte vorgebracht, dass der Immofinanz-Sachverständige fast ausschließlich für die Justiz tätig und daher wirtschaftlich von der Staatsanwaltschaft abhängig sei. Insgesamt habe er Honorare in Höhe von 4,5 Mio. Euro von der Ermittlungsbehörde kassiert. Bei seiner Immofinanz-Endabrechnung im August 2014 habe er 800.000 Euro in Rechnung gestellt.
Auf die Expertise des Sachverständigen habe sich auch das Erstgericht maßgeblich gestützt, so der Anwalt. Dem widersprach der OGH. Der Erstgericht habe sich bei den entscheidenden Tatsachen nicht auf das Expertengutachten gestützt, sondern auf die in der Hauptverhandlung vorgelegten Urkunden.
Auch die Kritik, das gesamte Verfahren habe zu lange - mehr als sieben Jahre - gedauert, wies der OGH zurück. „Zeiten von Inaktivität, kann ich Ihnen versichern, hat es bei Gott nicht gegeben.“ Angesichts des „hohen intellektuellen Niveaus und der Komplexität der Sachfragen“ sei die Dauer des Verfahrens angemessen gewesen. „Das betrifft auch das Rechtsmittelverfahren.“
Zur Höhe der Strafen für Petrikovics und Schwager hielt Schwab fest, das Erstgericht habe zu Recht generalpräventive Erwägungen in die Strafbemessung einfließen lassen. Dies, um diese Form der Wirtschaftskriminalität hintanzuhalten. „Besonders schwer“ wiegt laut OGH, dass Petrikovics und Schwager „trotz ihres hohen Einkommens ihrem Bestreben nach noch mehr Vorteilen freien Lauf ließen.“
Weiters hat das Höchstgericht die bereits vom Erstgericht zugesprochenen Schadenersatzansprüche der Privatbeteiligten Constantia Privatbank (CBP, nunmehr Aviso Zeta) sowie Immofinanz (Imbea) bestätigt. Petrikovics und Schwager müssen an die beiden Firmen aus dem früheren Immofinanz-Konzerngeflecht mehr als 4 Mio. bzw. mehr als 7 Mio. Euro zahlen. Für die tausenden Kleinanleger, die mit Aktien von Immofinanz bzw. Immoeast Geld verloren haben, hat dies keine unmittelbare Auswirkung. „In diesem Prozess waren Immofinanz/Immoeast-Anleger ausdrücklich nicht als Privatbeteiligte zugelassen. Keinem Anleger kann aus den gegenständlichen Transaktionen ein Schaden entstanden sein“, betonte Dietrich in einer Aussendung.
~ ISIN AT0000809058 WEB http://www.immofinanz.com
http://www.ogh.gv.at/ ~ APA527 2015-10-20/17:05