Schweizer Gewerkschaften befürchten weiteren Stellenabbau

Zürich (APA/sda) - Die Frankenkrise schlägt auf die Arbeitsplätze in der Schweizer Industrie durch. Gestern gab der Spinnmaschinen-Herstelle...

Zürich (APA/sda) - Die Frankenkrise schlägt auf die Arbeitsplätze in der Schweizer Industrie durch. Gestern gab der Spinnmaschinen-Hersteller Rieter einen Stellenabbau bekannt. Die Gewerkschaften sind sich jedoch unsicher, ob das der Auftakt zu einer Entlassungswelle sei. Zu befürchten sei es aber, so der Tenor.

Rieter hat am Dienstag angekündigt, dass das Unternehmen in Winterthur 209 Stellen abbaut. Der Arbeitnehmerverband Angestellte Schweiz sieht sich damit bestätigt, dass es nach den Wahlen in der Industrie zu einer Welle von Entlassungen kommen wird, wie der Verband in einer Mitteilung vom Dienstag schreibt.

Auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda relativiert Christof Burkard, der stellvertretende Geschäftsführer der Organisation, jedoch die Aussage: „Wir gehen von einem punktuellen aber nicht von einem generellen Stellenabbau in der Schweizer Industrie aus“, sagt er.

Ähnlich sieht es auch Mathias Regotz von der Gewerkschaft Syna. „Wir nehmen an, dass gewisse Firmen nachziehen werden“, sagt er auf Anfrage. „Es wird jedoch nicht zu einem eigentlichen Kahlschlag kommen.“ Regotz begründet seine Prognose mit dem gesamtwirtschaftlich verbesserten Umfeld, das die Auswirkungen des starken Frankens zum Teil neutralisiere.

Pessimistischer zeigt sich die Gewerkschaft Unia. „Es ist eine Entlassungswelle zu befürchten“, sagt Christian Gusset auf Anfrage. Die Gewerkschaft bezeichnet in ihrer Mitteilung den Stellenabbau bei Rieter als Kahlschlag. Es sei skandalös, dass ein Unternehmen nach einem Halbjahresgewinn von über 50 Mio. Franken (46,15 Mio. Euro) Stellen streichen wolle.

Einig sind sich Unia und Angestellte Schweiz jedoch darin, dass zurzeit das industrielle Fundament der Schweiz Schaden nimmt. „Wir befürchten, dass bei der beschleunigten Auslagerung die Schweiz in zwei bis drei Jahren die kritische Größe bei der industriellen Fertigung unterschreitet“, sagt Christof Burkard von Angestellte Schweiz. Das habe weitreichende Konsequenzen: Die Zulieferindustrie aber auch die Ausbildung bis hinauf zu den Hochschulen werde leiden.

Corrado Pardini, Sektorleiter Industrie bei Unia, fordert die Politik und die Schweizerische Nationalbank (SNB) darum zum unverzüglichen Handeln auf. „Wenn jetzt nicht gehandelt wird, gibt es eine Deindustrialisierung, die die Schweiz noch jahrzehntelang bereuen wird“, sagt er auf Anfrage.

Weniger dramatisch sieht der Branchenverband Swissmem die Situation. Die Frankenstärke habe zwar einen beschleunigten Strukturwandel eingeleitet, sagt Ivo Zimmermann. Im internationalen Vergleich verfüge die Schweiz aber noch immer über eine sehr breite industrielle Basis.

Die Vergangenheit habe zudem gezeigt, dass die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland nicht automatisch einen Arbeitsplatzabbau in der Schweiz bedeute. Unter anderem dank dem Aufbau der Produktion im Ausland hätten nämlich Schweizer Unternehmen die Zahl der Arbeitsplätze im Inland in den letzten 15 Jahren praktisch konstant halten können, sagt er.

Zimmermann sieht auch keine Entlassungswelle auf die Schweizer Industrie zurollen. „Wir haben keinen Hinweis darauf, dass es in den nächsten Wochen eine Flut von Ankündigungen von Verlagerungen und Stellenabbau geben wird“, sagt er. Swissmem wisse von rund zehn, eher kleineren Unternehmen, die einen Abbau planen. Damit bewege sich der Stellenabbau jedoch im Rahmen der Erwartungen.