KZ-Rede bei Pegida sorgt für Eklat - Bachmann entschuldigt sich
Dresden (APA/dpa) - In Deutschland schlagen die verbalen Entgleisungen des deutsch-türkischen Autors und Rechtspopulisten Akif Pirincci bei ...
Dresden (APA/dpa) - In Deutschland schlagen die verbalen Entgleisungen des deutsch-türkischen Autors und Rechtspopulisten Akif Pirincci bei der Pegida-Kundgebung in Dresden hohe Wellen und haben Konsequenzen. „Wir ermitteln wegen des Verdachts der Volksverhetzung“, sagte Oberstaatsanwalt Lorenz Haase am Dienstag in Dresden. Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) begrüßte den Schritt der Behörde.
Bei der Pegida-Kundgebung war außerdem ein Fotograf angegriffen worden, der Journalistenverband fordert nun ein entschlossenes Vorgehen von den Ermittlungsbehörden.
Ausschlaggebend für die Ermittlungen gegen Pirincci sei die Anzeige einer Privatperson, die noch in der Nacht bei der Polizei eingegangen war, sagte Oberstaatsanwalt Haase. „Wir prüfen die strafrechtliche Relevanz.“ Konkret gehe es um den Satz: „Es gäbe natürlich andere Alternativen, aber die KZs (Konzentrationslager) sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ Pirincci hatte ihn am Montag nicht auf Flüchtlinge bezogen. Vielmehr versuchte er damit, deutsche Politiker zu verunglimpfen, die - so seine Wortwahl - „zunehmend als Gauleiter gegen das eigene Volk“ agierten.
Pegdia-Chef Bachmann entschuldigte sich für den hetzerischen Auftritt Pirinccis. Bei Facebook schrieb er am Dienstag von einem „gravierenden Fehler“. Pirincci habe am Montagabend vor der Semperoper eine nicht abgesprochene Rede gehalten. „Ich hätte in diesem Moment die einzig richtige Entscheidung treffen müssen und sofort das Mikro abschalten.“ Er trage die alleinige Schuld „für diesen unmöglichen Auftritt“, deshalb bleibe ihm nichts übrig, als sich „öffentlich und aufrichtig zu entschuldigen“.
Pegida steht für „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Die Bewegung entstand vor einem Jahr in Dresden und hatte sich im Jänner gespalten. Seitdem nehmen Beobachter eine deutliche Radikalisierung wahr. Auch erkennbar Rechtsextreme und Hooligans gehen bei den sogenannten Montagsspaziergängen mit.
Zum Jahrestag hatte das Bündnis am Montag 15.000 bis 20.000 Anhänger mobilisiert. Eine etwa gleich große Zahl an Menschen protestierte unter dem Slogan „Herz statt Hetze“ gegen rechte Stimmungsmache. Die angespannte Stimmung entlud sich am späten Abend in Ausschreitungen.
Am Dienstag rückte vor allem der Auftritt Pirinccis in den Fokus, auf den Bachmann im Vorfeld besonders stolz gewesen war. Pirincci war mit Katzen-Krimis bekannt geworden. Inzwischen veröffentlicht er auch Sachbücher, in denen er gegen Grüne, Linke, Schwule und moderne Moralvorstellungen hetzt. Auch unter Pegida-Anhängern habe er mit seiner Rede am Montag Unmut ausgelöst, sagte der frühere Mitorganisator Rene Jahn. Bei vielen Passagen erhielt Pirincci allerdings auch Applaus, selbst bei der KZ-Äußerung.
Die Verlagsgruppe Random House teilte am Dienstag mit, dass sie Pirinccis Katzenbücher aus dem Programm nehmen wird. „Als Reaktion auf seine inakzeptablen Äußerungen werden unsere bereits vor Jahren veröffentlichten, ausschließlich belletristischen Bücher von Akif Pirincci umgehend gesperrt und nicht mehr angeboten“, hieß es in einer Stellungnahme der Verlage Diana, Goldmann und Heyne. Sie distanzierten sich entschieden und zeigten sich von Pirinccis Äußerungen bestürzt.
Der Deutsche Journalisten-Verband forderte von den Ermittlungsbehörden ein entschlossenes Vorgehen wegen der Angriffe auf einen Reporter bei der Pegida-Kundgebung in Dresden. Damit erreichten die Attacken eine „neue Stufe auf der Eskalationsleiter der Journalistenfeinde von Pegida“, erklärte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken am Dienstag.
Sachsens Ministerpräsident Tillich erklärte, bei der Kundgebung habe man erneut „unerträgliche Hetze“ erlebt. „Wer hetzt, kann sich nicht auf die freie Meinungsäußerung berufen. Er hat die Grenze der Meinungsfreiheit längst überschritten.“
Das Internationale Auschwitz Komitee verurteilte die KZ-Bemerkung Pirinccis als „widerliches Signal der Schamlosigkeit“. Die Instrumentalisierung des Begriffes „KZ“ lasse die Überlebenden deutscher Konzentrationslager, die KZs am eigenen Leib erfahren hätten, fassungslos und verstört zurück, teilte das Komitee am Dienstag in Berlin mit.
Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) bekräftigte in der „Sächsischen Zeitung“ seine Einschätzung, dass es sich bei den Pegida-Organisatoren um harte Rechtsextremisten handle: „Zu Beginn haben wir alle diskutiert, ob das besorgte Bürger sind. Dann gab es eine Spaltung und damit einhergehend eine weitere Radikalisierung bei den Pegida-Wortführern. Heute sehen wir ganz klar, dass vielerorts Rechtsextremisten versuchen, Einfluss auf eine Reihe von sogenannten GIDA-Veranstaltungen zu nehmen und sich ans Steuer setzen wollen.“