Flüchtlinge - Schneller Aufbau von Traumahilfe notwendig

Wien (APA) - Der österreichische Staat sollte möglichst schnell die Kapazitäten für psychologische und psychiatrische Hilfe für Trauma-Opfer...

Wien (APA) - Der österreichische Staat sollte möglichst schnell die Kapazitäten für psychologische und psychiatrische Hilfe für Trauma-Opfer unter den Flüchtlingen ausbauen. Hilfe sollte schnell erfolgen. Jene Flüchtlinge, die in Österreich bleiben, sollten rasch eine Versorgung haben, um spätere Probleme zu verhindern. Dies erklärten am Mittwoch Experten bei einer Pressekonferenz in Wien.

Mitte November (14. November) findet im Wiener AKH die 5. Herbsttagung für Transkulturelle Psychiatrie zum Thema „Flucht - Flüchtlinge in ihrem psychosozialen Kontext“ statt. Co-Organisator Thomas Stompe von der Psychiatrischen Universitätsklinik in Wien sagte: „Viele Menschen, die derzeit nach Europa kommen, sind aufgrund von Erlebnissen in der Heimat und auf der Flucht traumatisiert. Wir stehen vor dem Problem, sie möglichst schnell zu behandeln.“ Sonst sei damit zu rechnen, dass ein Drittel der Traumatisierten eine chronische posttraumatische Belastungsstörung mit bleibenden Problemen - selbst über Generationen hinweg - entwickelt.

Sozialer Rückzug, Depressionen, Feindlichkeit gegenüber der Umwelt, Flashback-Erlebnisse, Schlafstörungen, Migräne und viele andere gesundheitliche Probleme können die Folge unbehandelter psychischer Traumata sein. Bei den nur durch Österreich durchreisenden Flüchtlingen stelle sich das Problem aus Zeitgründen kaum, betonte der Wiener Spezialist Thomas Wenzel, ehemals Mitbegründer des Hilfsvereins für Flüchtlinge und Folteropfer „Hemayat“. „Aber wenn die Menschen in Österreich bleiben, sozusagen in der Phase II, können die Konflikte wieder hervorkommen. Hier müssen die Ressourcen geschaffen werden.“ Wichtig wäre, dass der österreichische Staat hier längerfristig die Mittel für den Ausbau bereitstelle. Es gehe vor allem um Personal, zum Beispiel Psychologen und Dolmetscher.

Solche psychologische, psychotherapeutische und psychiatrische Hilfestellung sollte nach der möglichst schnellen Stabilisierung der Aufenthaltssituation ebenfalls möglichst rasch erfolgen. Ein Problem sind auch lange Asylverfahren, während denen die Traumatisierten erst recht wieder in ständiger Unsicherheit leben. Carryn Danzinger von der Wiener Hilfsorganisation ESRA, die sich seit Jahrzehnten der Überlebenden des NS-Regimes annimmt, sagte: „Solange das Asylverfahren dauert, gibt es keine hundertprozentige Stabilisierung. Die Leute befinden sich weiterhin in einer traumatisierenden Situation.“

Speziell bei den Flüchtlingen aus Syrien kommen teilweise dramatisch erschwerende Faktoren hinzu. Wenzel führte aus: „Diese Menschen standen ja schon in der Diktatur unter enormem Druck. Folter passierte dort schon während der Diktatur. Dann mussten sie in der Kriegszeit überleben.“ Und dann kam oft noch eine lange Erfahrung von Flüchtlingslagern ohne Perspektive im Nahen Osten und die Flucht nach Europa als weitere Extrembelastung.