Mann auf den Kopf gesprungen 2 - Opfer kann sich an nichts erinnern

Wien (APA) - Das Opfer des brutalen Übergriffs bei der U3-Station Ottakring kann sich an die Schläge und Tritte, die es erhalten hatte, nich...

Wien (APA) - Das Opfer des brutalen Übergriffs bei der U3-Station Ottakring kann sich an die Schläge und Tritte, die es erhalten hatte, nicht mehr erinnern. Dass es zuvor zwischen den Männern und dem 37-Jährigen zu einer verbalen Auseinandersetzung wegen der Schreie des Kindes gekommen sein soll, verneinte der Zeuge. „Ich hab selber drei Kinder, das stimmt nicht“, sagte der 37-Jährige.

Der Mann war am Nachhauseweg vom Life Ball, wo er als freiwilliger Helfer im Einsatz war. Ob der Übergriff wegen seines Äußeren - am Life Ball trug er goldenes Bodypainting, auch seine Fingernägel waren noch golden lackiert - geschah, konnte der 37-Jährige nicht sagen. Die Männer hätten ihm gegenüber aggressiv reagiert und ihn auf slowakisch angesprochen. Daraufhin meinte er, dass er die Sprache nicht verstehe.

Er ging mit Kopfhörern im Ohr Richtung Thaliastraße: „Ab da weiß ich gar nichts mehr.“ Seine Erinnerung setzte erst am nächsten Tag im Spital wieder ein. Life Ball-Organisator Gery Keszler, der den 37-Jährigen auch im Krankenhaus besucht hatte, wohnte nun als Zuhörer dem Prozess bei.

Aufgrund der Jochbein- und Kieferbrüche musste der 37-Jährige mehrere Operationen über sich ergehen lassen. Sechs Wochen lang konnte er sich nur mit Flüssignahrung über einen Strohhalm ernähren. „Ich habe in den ersten zwei Wochen viel geschlafen“, meinte der 37-Jährige. Bis heute leidet er unter Kopfschmerzen. Vor einigen Wochen war ihm zudem ein Schneidezahn ausgefallen. Er schloss sich dem Verfahren mit einem Schmerzengeldbetrag von 7.590 Euro an, wie sein Rechtsvertreter Philipp Winkler ausführte.

Der gerichtsmedizinische Gutachter Christian Reiter konnte seine Expertise erst über einen Monat nach dem Vorfall beginnen, da vonseiten der Staatsanwaltschaft zunächst ein Bestellungs-Beschluss fehlte. Aufgrund der Ausführungen des Spitals habe der 37-Jährige stumpfe Gewalteinwirkung gegen die rechte Gesichtshälfte erlitten, referierte Reiter. Jochbein, Augenhöhle sowie das Kiefer waren betroffen. Schürfwunden, wie es bei Tritten üblich ist, konnte der Gutachter allerdings keine mehr feststellen. Auf einem Foto, das Reiter erst am Mittwoch vorgelegt wurde, konnte er eine „kleine braune Vertrocknung über dem Jochbein“ erkennen, das „eventuell durch einen Tritt entstanden ist“, sagte der Mediziner. Lebensgefahr bestand keine und das Opfer habe auch keine schweren Dauerfolgen erlitten.

Die psychiatrische Gutachterin Gabriele Wörgötter bezeichnete den 20-jährigen Angeklagten als eine „sehr unreife Persönlichkeit“, die sich stark und wichtig vorkommen möchte. Für den jungen Mann sei die Familie sehr wichtig. Durch die Anwesenheit des Stiefvaters habe er etwas beweisen wollen und ihm gezeigt, „wie brutal man sein kann“. In Gesprächen mit der Gutachterin habe der 20-Jähriger mehrmals gelacht und die Tat als harmlos abgetan. Daher sei eine weitere Prognose ungünstig. Denn durch die alltägliche Situation, die beim Übergriff geherrscht habe, gebe es jederzeit eine weitere Verfügbarkeit von Opfern. Der 20-Jährige leide unter einer emotionalen, instabilen Persönlichkeitsstörung, die einer intensiven Therapie bedarf, meinte Wörgötter.