Indien blickt nach Afrika - mit nur einem Auge
Neu-Delhi (dpa) - Indien würde gerne auf der großen Bühne der Weltpolitik mitspielen. Premierminister Narendra Modi jettet wie keiner seiner...
Neu-Delhi (dpa) - Indien würde gerne auf der großen Bühne der Weltpolitik mitspielen. Premierminister Narendra Modi jettet wie keiner seiner Vorgänger im Regierungsflieger um die Welt. Indische Boote retteten während der Eskalation der Gewalt im Jemen im April Tausende Menschen aus 42 Ländern, darunter auch Deutsche. Bei der Erdbebenhilfe in Nepal schickte kein anderes Land so viele Helikopter und Flugzeuge in den Himalaya wie Indien. Nun ist Afrika an der Reihe.
Der dritte Indien-Afrika-Gipfel in Neu Delhi vom 26. bis zum 29. Oktober soll größer und wichtiger werden als die beiden zuvor. Staats- und Regierungschefs aus 54 Ländern sind eingeladen, und viele davon werden auch anreisen; hinzu kommen rund 400 Wirtschaftsvertreter. Neu Delhi besteht darauf, „ganz Afrika“ an einen Tisch zu bitten - also auch die Gewaltherrscher und Autokraten.
Unter ihnen ist der sudanesische Präsident Omar Hassan al-Baschir, der wegen mutmaßlichen Völkermords vom Internationalen Strafgerichtshof (ICC) gesucht wird. Während des Konflikts in der sudanesischen Region Darfur starben seit 2004 etwa 300 000 Menschen; mehr als 2,5 Millionen Menschen flohen vor der Gewalt. „Al-Baschir willkommen zu heißen würde Indiens Ansehen in der Welt beschädigen, und es wäre ein Beleidigung für die Opfer“, erklärt Oby Nwankwo von der Leitungsgruppe der nigerianischen Koalition des ICC, einer Nichtregierungsorganisation.
Doch der Protest Dutzender Menschenrechts- und Anwaltsgruppen stört Indien offensichtlich nicht. Außenamtssekretär Navtej Sarna betont, Indien habe das Rom-Statut des ICC nicht unterzeichnet und müsse deswegen nicht ausliefern.
Lieber spricht Sarna davon, dass der bilaterale Handel mit Afrika sich zwischen 2001 und 2015 verzwanzigfacht hat, auf nun 62 Milliarden Euro pro Jahr. Dass Indien in Afrika Gesundheitsfürsorge leisten, Darlehen vergeben, die Landwirtschaft fördern und viel in Ausbildung investieren wolle. Und: „Es ist ein Kontinent, der ressourcenreich ist.“ 15 Prozent seines Ölbedarfs deckt Indien aus Nigeria.
Indiens großer Rivale China ist schon länger intensiv in Afrika unterwegs. Peking hat nach eigenen Angaben im Jahr 2013 knapp 23 Milliarden Euro an Direktinvestitionen in Afrika getätigt. Das Reich der Mitte sei sich bewusst, dass sich die Bevölkerungszahl Afrikas bis 2050 auf bis zu 2,5 Milliarden Menschen etwa verdoppeln werde, sagt Christine Hackenesch vom Deutschen Institut für Entwicklungshilfe. „Für die Chinesen geht es also bei weitem nicht nur um Rohstoffe, sondern langfristig auch um einen großen Markt, der gerade begonnen hat, sich zu entwickeln.“
Die zahlreichen afrikanischen Länder sind für China auch wichtige Stimmen bei den Vereinten Nationen. „Vielen afrikanischen Regierungen gefällt die Rhetorik Chinas“, sagt Hackenesch. „Peking will sich nicht in die inneren Angelegenheiten von Staaten einmischen und kooperiert auch mit Ländern, die autoritär regiert werden.“ Viele westliche Länder hingegen bemühen sich in ihrer Afrikapolitik um die Förderung von Demokratie und Menschenrechten.
Die Taktik Chinas scheint nun auch Indien zu verfolgen. „Indiens Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika basiert auf drei Prinzipien: keine Bedingungen, keine politischen Vorschriften und kein Infragestellen der Souveränität eines Landes“, sagt H.H.S. Viswanathan, einst Indiens Botschafter in mehreren afrikanischen Ländern und nun Fellow der Denkfabrik ORF in Delhi. Ohnehin, meint Viswanathan, sei auf dem großen Kontinent Platz für alle: die USA, die EU, Indien, China. „Und das ist gut für Afrika“.