Bereits mehr als 21.000 Flüchtlinge passierten Slowenien
Ljubljana/Wien (APA) - In Slowenien spitzt sich die Flüchtlingskrise weiter zu. Seitdem das kleine EU-Land vor vier Tagen zum neuen Transitl...
Ljubljana/Wien (APA) - In Slowenien spitzt sich die Flüchtlingskrise weiter zu. Seitdem das kleine EU-Land vor vier Tagen zum neuen Transitland an der Balkanroute wurde, haben bereits mehr als 21.400 Flüchtlinge das Land erreicht. Bei einem Brand in einem völlig überfüllten Flüchtlingslager in Brezice im Südosten Sloweniens wurden am Mittwoch 27 Zelte zerstört.
Verletzte gab es keine, allerdings dürfte sich die Situation in dem Flüchtlingslager zusätzlich verschärfen, da nur mehr neun Zelte in dem Lager, das für 400 Menschen angelegt ist, wo aber mehr als 1.700 Menschen unterbracht waren. Augenzeugen berichteten, wütende Flüchtlinge hätten die Zelte in Brand gesetzt. Die Polizei wollte das nicht bestätigen. Der Staatssekretär im Innenministerium, Bostjan Sefic, erklärte, man warte noch auf den Bericht über den Zwischenfall. „Tatsache ist aber, dass die Menschen ihren Weg schnellstens fortsetzen wollen, sie werden unzufrieden und nervös, wenn sie sich nicht weiter bewegen“, sagte er.
Die Situation in dem Zwei-Millionen-Einwohner-Land ist zunehmend angespannt. Alleine am Dienstag kamen laut Polizei mehr als 8.000 neue Flüchtlinge an. Am Mittwoch befanden sich noch mehr als 10.000 Flüchtlinge im Land, während erneut Tausende aus Kroatien erwartet wurden.
Bereits am Dienstag war es in dem Zeltlager in Brezice zu Tumulten gekommen. Beim Besteigen der Busse, mit denen die Flüchtlinge in Unterkünfte in der Nähe der österreichischen Grenze gebracht werden sollten, kam es zu einem Gedränge, die Polizei setzte Pfefferspray ein. Das Gebiet im Südosten Sloweniens steht ohnehin stark unter Druck. In dem nahegelegenen Ort Dobova wurde in der dortigen ehemaligen Halle einer Textilfabrik, wo die Flüchtlinge zunächst vorübergehend untergebracht wurden, jetzt rund 1.400 Betten errichtet. Laut Sefic bemühen sich die Behörden auf dem Gebiet von Brezice noch eine weitere Unterkunft einzurichten, doch die Gemeinde stellte sich dem quer.
Wegen der dramatischen Situation in dem kleinen EU-Land reist EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos am Donnerstag nach Slowenien. Dort trifft der für Flüchtlinge zuständige EU-Politiker den slowenischen Regierungschef Miro Cerar, Innenministerin Vesna Györkös Znidar und Außenminister Karl Erjavec zusammen.
Der Flüchtlingszustrom der vergangenen Tagen habe eine kontrollierte Durchreise unmöglich gemacht, warnten die slowenischen Behörden am Mittwoch. Die slowenische Polizei soll nun Unterstützung durch die Armee bekommen. Das Parlament in Ljubljana gab in der Nacht auf Mittwoch grünes Licht für einen Militäreinsatz an der Grenze. Die Soldaten - nach Einschätzungen der Behörden werden es einige Hundert sein - werden künftig selbstständig in dem Grenzbereich patrouillieren, die Flüchtlinge steuern oder sie vorläufig festhalten können. Polizeiliche Befugnisse bekommen die Soldaten aber nicht. Dazu plant Ljubljana laut Ankündigungen des Regierungschefs Miro Cerar die EU um polizeiliche Unterstützung und finanzielle Hilfe zu bitten.
Scharfe Kritik übt Ljubljana erneut am Nachbarland Kroatien, weil es die Flüchtlinge unangemeldet und zerstreut an mehrere Punkte entlang der grünen Grenze bringe. Kroatien reagiere nicht auf die Aufforderungen der slowenischen Seite, bei der Bewältigung des Flüchtlingsstroms zu kooperieren. Das Land halte sich nicht an die von Slowenien festgelegten vier Transitpunkte, wo auch die komplette Infrastruktur für die Aufnahme der Flüchtlinge aufgestellt wurde. Die slowenischen Behörden können daher nur raten, wo die Neuankömmlinge über die Grenze kommen und wie viele es sein werden.
Der kroatische Innenminister Ranko Ostojic erklärte am Mittwoch unterdessen, er sehe keinen Grund, den Flüchtlingszustrom durch sein Land zu begrenzen. „Es gibt keine Begrenzungen in Österreich und Deutschland“, so Ostojic. Kroatien sei bereit, einen Teil der Flüchtlinge zurückzuhalten, allerdings nicht in dem von Slowenien angestrebten Ausmaß. „Die Hälfte von denen, die nach Kroatien kommen, muss im Laufe des Tages weitertransportiert werden. Um den Rest werden wir uns kümmern“, erklärte Ostojic. Slowenien warf er zu langwierige Registrierungsprozeduren vor.
Kroatien selbst liegt bereits seit Wochen auf der Hauptroute der Flüchtlinge Richtung Österreich, Deutschland und Nordeuropa. Allein am Dienstag kamen mehr als 6.000 neue Flüchtlinge ins Land, in der Nacht auf Mittwoch kamen weitere 1.800. Gegen Mittag kamen laut Medienbeichten mehr als 3.000 Flüchtlinge in das Land, nachdem sie zuvor stundenlang an der serbisch-kroatischen Grenze gewartet hatten.
(Grafik 1216-15, 88 x 72 mm)