Neuer Credit-Suisse-Chef verordnet radikale Abspeckkur
Zürich (APA/Reuters) - 6 Mrd. Franken (5,5 Mrd. Euro) frisches Kapital, eine radikale Abspeckkur und mehr Geschäft mit den Superreichen: So ...
Zürich (APA/Reuters) - 6 Mrd. Franken (5,5 Mrd. Euro) frisches Kapital, eine radikale Abspeckkur und mehr Geschäft mit den Superreichen: So will der neue Chef Tidjane Thiam die zweitgrößte Schweizer Bank Credit Suisse wieder flottmachen. Der ivorisch-französische Manager, seit Juni im Amt, stellte am Mittwoch in Zürich seine mit Spannung erwartete neue Konzernstrategie vor.
„Wer alles für jeden machen will, scheitert“, sagte er. „Unser Kerngeschäft ist das Private Banking und die Vermögensverwaltung“. Im Gegenzug wird das Investmentbanking verkleinert, das zuletzt eher enttäuschte und im dritten Quartal sogar einen Verlust einfuhr. So will die Bank ihren Vorsteuergewinn bis 2018 auf 9 bis 10 Mrd. Franken mehr als verdoppeln. Zunächst dürfte der Umbau aber mit einer Abschreibung im Investmentbanking die Bilanz belasten.
Mit der neuen Strategie setzt Credit Suisse auf ein Modell, das der Erzrivale UBS bereits erfolgreich vormacht. Dieser hatte unmittelbar nach der Finanzkrise mit einem Umbau begonnen. Die Credit Suisse ist nun vergleichsweise spät dran, genau wie die Deutsche Bank, bei der derzeit unter dem neuen Konzernchef John Cryan ebenfalls kein Stein auf dem anderen bleibt. Hier werden die Details der Neuaufstellung in der kommenden Woche erwartet.
Die Investmentbank müsse sich in den Dienst der reichen Privatkunden stellen, zeichnet Thiam den Weg vor. Konsequenz: Wie bei der Deutschen Bank wird das Kapitalmarktgeschäft aufgespalten - in eine Handelsabteilung und in Finanzierungs- und Beratungsleistungen für Unternehmenskunden. Volatile Geschäfte wie den Anleihehandel und den Handel für Hedgefonds will der neue Bankchef, der vom britischen Versicherer Prudential kam, kräftig stutzen, um die Kapitaldecke zu schonen. Sein Vorgänger Brady Dougan hatte die Sparte nach Ansicht von Kritikern zu lange verschont. Denn die strengere Regulierung dieser riskanten Geschäfte drückt schon länger auf die Rendite. In der Vermögensverwaltung hat Thiam die höchsten Erwartungen an Asien. Hier soll sich der Vorsteuergewinn innerhalb von vier Jahren mehr als verdoppeln.
Die Anleger hatten sich von der neuen Strategie allerdings mehr erhofft. Die Credit-Suisse-Aktie sackte zeitweise um mehr als fünf Prozent ab. „Tidjane Thiam wurde als CEO in die Bank gebracht um die Investmentbank zu verkleinern, in Asien zu wachsen und die Kosten besser zu kontrollieren“, erklärte KeplerCheuvreux-Analyst Dirk Becker. Das habe er erstmal geliefert. „Aber es gibt keinen greifbaren Durchbruch darüber hinaus.“ Auch die Quartalszahlen drückten auf die Stimmung: Der Gewinn brach im Sommer um ein Viertel auf 779 Mio. Franken ein. Zudem warnte die Ratingagentur Moody‘s vor den Risiken des geplanten Konzernumbaus und überprüft nun die Bonitätsnote auf eine mögliche Herabstufung.
Seit längerem war klar, dass Thiam bei der Credit Suisse mit einer Kapitalerhöhung starten würde - während die Deutsche Bank um eine solche Maßnahme herumkommen will. In zwei Schritten wollen die Schweizer nun bis Jahresende frisches Geld aufnehmen, wenn die Eigner dafür am 19. November grünes Licht geben. „Banken, die zu wenig Kapital haben, werden mit einem großen Abschlag bewertet“, erläuterte Thiam. Er will schnell handeln, denn wenn demnächst klar wird, wie hoch die Regulierer die Latte künftig legen, dürften andere Banken nachziehen. Weitere 2 bis 4 Mrd. Franken erhofft sich Credit Suisse von einem Börsengang des Schweizer Firmen- und Privatkundengeschäfts. Der Bereich soll abgespalten werden, bis Ende 2017 sollen zwischen 20 und 30 Prozent der Anteile an die Börse kommen. Auch hier gibt es Parallelen zur Deutschen Bank, die sich mit einer Trennung von der Postbank verschlanken will.
Und wie der deutsche Branchenprimus stellt auch Credit Suisse ihre Aktionäre auf Abschreibungen ein: Angesichts der geplanten Verkleinerung der Investmentbank dürfte das Institut deren Firmenwert von zuletzt 6,3 Mrd. Franken im laufenden vierten Quartal „substanziell“ nach unten revidieren, warnte Finanzchef David Mathers. Ein Großteil der Summe stammt aus der Übernahme der US-Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ) im Jahr 2000. Die Deutsche Bank hatte nach einem ersten Großreinemachen des neuen Chefs für das dritte Quartal einen Rekordverlust von 6 Mrd. Euro angekündigt.
Konkret wurde nun das Sparprogramm: Bis 2018 will Credit Suisse brutto 3,5 Mrd. Franken einsparen. Dazu zieht sich die Bank auch aus Teilen des Geschäfts in Westeuropa und den USA zurück. In der Schweiz sollen 1.600 Jobs gestrichen werden, außerdem wackeln 1.800 Stellen in London. Auf eine Gesamtzahl zum Jobabbau wollte sich Thiam nicht festlegen, insgesamt beschäftigt die Bank 48.100 Mitarbeiter. Die Führungsspitze wird nicht verschont: Prominente Köpfe wie die langjährigen Chefs der Vermögensverwaltung, Hans-Ulrich Meister und Robert Shafir, sowie der Co-Chef des Investmentbankings, Gael de Boissard, scheiden aus. In der zwölfköpfigen Konzernleitung sitzen nur noch fünf Vertreter der alten Garde.
~ ISIN CH0012138530 WEB https://www.credit-suisse.com ~ APA465 2015-10-21/15:48