Chinesische Atomreaktoren in England - Experten sagen: Vorsicht!
London (APA/dpa) - Lange hat London einen Staatsgast nicht mehr derart umgarnt wie Chinas Präsident Xi Jinping. Dabei sind Staatsbankett im ...
London (APA/dpa) - Lange hat London einen Staatsgast nicht mehr derart umgarnt wie Chinas Präsident Xi Jinping. Dabei sind Staatsbankett im Buckingham-Palast und Fahrt mit der königlichen Kutsche lediglich Beiwerk, um den Chinesen wohlwollend zu stimmen. Was Premierminister David Cameron und der Mann aus Peking vorhaben, wäre noch vor einigen Jahren undenkbar gewesen.
In Kurzform heißt der Plan: Atomkraftwerke „made in China“ für Großbritannien. Sicherheitsbedenken von Experten weist London kühl ab.
Während etwa Deutschland nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima Atomkraft als Auslaufmodell behandelt, setzt Großbritannien auf Ausbau. Seit über 20 Jahren wird jetzt erstmals wieder der Bau eines Nuklearmeilers in Angriff genommen. Auf rund 25 Milliarden Pfund (34 Mrd. Euro) werden die Kosten für den neuen Reaktor bei Hinkley Point in Somerset südwestlich von London veranschlagt. 2025 soll das Projekt fertig sein, es soll Millionen Haushalte mit Strom versorgen, Zehntausende Arbeitsplätze schaffen.
Das Besondere: Bauherren sind nicht die Briten, sondern der französische Energieversorger EdF sowie zwei chinesische Unternehmen. Doch nach der Vision der britischen Regierung soll das nur der Anfang sein. Ins Auge gefasst ist auch ein Reaktor „made in China“ bei Bradley in Essex - laut BBC wäre es das erste Nuklearkraftwerk in Europa mit chinesischer Technik.
Experten schlagen Alarm. Ausgerechnet China, das Land, das immer wieder im Verdacht von Hacker-Angriffen und Cyber-Spionage steht, darf bei derart sensiblen Hochtechnologien und wichtigen Infrastruktur-Projekten dabei sein?
„China ist wohlbekannt für seine Cyber-Spionage“, sagt etwa Caroline Baylon vom Londoner Think-Tank Chatham House der Deutschen Presse-Agentur.
Staaten wie Russland und China - so Baylon - bemühen sich bereits seit einiger Zeit darum, in sensible und hochsensible Infrastrukturen in den USA und Westeuropa einzudringen (und umgekehrt). „Derzeit geht es dabei vor allem darum, Informationen zu sammeln und Hintertüren zu installieren, um sich zu einem späteren Zeitpunkt Zugang zu verschaffen.“ Im Konfliktfall könnten diese Hintertüren aber genutzt werden, um etwa Energieunternehmen in Europa und den USA außer Kraft zu setzen.
Zwar seien die britisch-chinesischen Beziehungen derzeit gut. „Aber die Verbündeten von heute sind nicht unbedingt die Verbündeten von morgen“, warnt die Expertin für Cybersicherheit.
Zwar werde China durch seine Nuklear-Investitionen im Königreich nur teilweisen Zugang zu sensiblen Informationen erhalten - dennoch würden Peking und seine Hacker dadurch an Insider-Informationen kommen, die im Zweifelsfall zum Angriff genutzt werden könnten.
Auch weitergehende politische Auswirkungen des Atom-Deals werden befürchtet. Die USA hätten sich hinter vorgehaltener Hand bereits irritiert gezeigt, meinen Kritiker in London. Tatsächlich prangert Washington seit längerem chinesische Hackeraktivitäten an und erwägt Gegenmaßnahmen. China wolle einen Keil durch die westliche Allianz treiben, meint die „Times“ mit Blick auf den Nuklear-Deal. „Indem es Türen für chinesische Investitionen öffnet, könnte Großbritannien das westliche Bündnis schwächen.“