Familiensynode offenbart Kräftemessen im Vatikan

Vatikanstadt (APA) - Die Familiensynode kommt in diesen Tagen in ihre Endphase und die Stimmung im Vatikan ist spürbar angespannt. Das Weltt...

Vatikanstadt (APA) - Die Familiensynode kommt in diesen Tagen in ihre Endphase und die Stimmung im Vatikan ist spürbar angespannt. Das Welttreffen der Bischöfe verläuft bisher alles andere als reibungslos. Im Ringen um die künftige Linie der Katholischen Kirche in Familienfragen kämpfen Modernisierer und Konservative mit harten Bandagen.

Franziskus scheint in der Kurie mit zunehmendem Widerstand konfrontiert. Mehrere Zwischenfälle belasteten die dreiwöchige Synode bisher und boten fruchtbaren Boden für Spekulationen über Verschwörungen gegen den Papst und seinen Reformkurs. Bereits der Beginn des Gipfeltreffens der Bischöfe schein unter einem denkbar schlechten Stern für den argentinischen Pontifex zu stehen. Ausgerechnet am Tag vor der Eröffnung der Synode am 4. Oktober sorgte das Coming-out des polnischen Theologen Krzystof Charamsa international für einen Eklat. Nie zuvor in der Geschichte der katholischen Kirche hatte sich ein Geistlicher von diesem Rang zu seiner gelebten Homosexualität bekannt. Der 43-jährige polnische Pater hatte 17 Jahren im Vatikan gelebt und dort hohe und zentrale Ämter bekleidet.

Nirgends prallen die kirchenpolitischen Lager so feindselig aufeinander wie beim Thema Homosexualität. Das Outing des Prälaten gilt als Ohrfeige für den Papst, der stets Verständnis für Homosexuelle gezeigt und vor deren Ausgrenzung in der Kirche gewarnt hatte. Bei der Synode ist der Umgang mit Homosexualität das heißeste Thema. Kein Wunder, dass Charamsas Outing als eklatante Geste interpretiert wird, um den Papst bei konservativeren Gruppen in Schwierigkeiten zu bringen.

Dass der Heilige Vater in der Kurie mit rauem Wind konfrontiert ist, bezeugt auch das Beschwerdeschreiben, das ihm eine Gruppe von 13 Kardinälen vorgelegt hat, um ihre Sorge über den Ausgang der Synode zu äußern. Die Absender beschwerten sich im Schreiben über die Arbeitsmethoden der Familiensynode, die so manipuliert worden seien, um bestimmte Ergebnisse hervorzubringen. „Dies ist ein neues Vatileaks“, meinte der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller in seiner Reaktion.

Vier Tage vor dem Ende der Bischofssynode kam noch ein weiterer Schlag für Franziskus. Die Tageszeitung „Quotidiano Nazionale“ veröffentlichte einen Bericht, wonach beim Papst ein gutartiger Hirntumor festgestellt worden sei. Kurienmitglieder wittern ein Komplott hinter den Berichten über die angebliche Erkrankung des Papstes. Der argentinische Bischof Victor Manuel Fernandez, einer der engsten Vertrauten des Papstes, sprach von einer „Strategie der Apokalypse“ gegen Franziskus, um ihn zu verleumden. Das vatikanische Blatt „L‘Osservatore Romano“ sprach offen von einem „Manipulationsversuch“. „Die Wahl des Zeitpunkts zur Veröffentlichung des Berichts bezeugt, dass dahinter ein Manipulationsversuch steckt“, so das Vatikan-Sprachrohr. Die Veröffentlichung vollkommen haltloser Informationen über die Gesundheit des Papstes sei „verantwortungslos“.

Als „Papst mit vielen Feinden“ bezeichnet der Vatikan-Experte Paolo Rodari den argentinischen Pontifex, der mit seinem offenen Verhalten viele Verkrustungen in der Kurie gesprengt hat. „Wirtschaftslobbys und Machtgruppen wollen Franziskus Revolution im Vatikan stoppen“, kommentierte Rodari. Während sich unter Benedikt XVI. verschiedene Seilschaften um Machtpositionen in der Kurie stritten, sei jetzt vor allem ein „Kulturkampf“ im Vatikan im Gang, ein Kräftemessen zwischen Vertretern von konservativen und liberalen Positionen. Wie dieser Kampf zu Ende geht, wird sich schon in den nächsten Tagen zeigen. Mit Spannung wird erwartet, dass die Familiensynode dem Papst einen Abschlussbericht vorlegt. Daraus wird klar zu erkennen sein, welche Strömung im Vatikan die Oberhand gewonnen hat.