Prozess nach missglücktem Reizgas-Test in Justizanstalt Josefstadt 1

Wien (APA) - Ein missglückter Reizgas-Test in der Justizanstalt Wien-Josefstadt ist am Donnerstag im Straflandesgericht aufgearbeitet worden...

Wien (APA) - Ein missglückter Reizgas-Test in der Justizanstalt Wien-Josefstadt ist am Donnerstag im Straflandesgericht aufgearbeitet worden. In Anwesenheit von Vertretern des Justizministeriums und der Justizwache wollte eine an sich auf Feuerverhütung und -bekämpfung spezialisierte Firma die Wirkung eines Reizgas-Werfers demonstrieren, weil man sich erhoffte, damit einen Auftrag der Justiz an Land zu ziehen.

Die Produktvorführung ging völlig daneben. Nachdem ein Mitarbeiter der Firma durch die Speiseluke das CS-Gas in eine Zelle gesprüht hatte, ging der darin befindliche Justizwachebeamte, der sich als Testperson zur Verfügung gestellt hatte, zu Boden. Er soll - wie in einem schriftlichen Vermerk festgehalten wurde - einen „totalen Atemverlust“ erlitten haben und musste von Kollegen geborgen werden. Noch schlimmer traf es eine Krankenschwester, die von der Übung gar nicht informiert worden war und die am Gang vom entweichenden Gas eingehüllt wurde. Die Frau erlitt Verätzungen der Atemwege und der Augen und leidet bis heute an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie kann ihren Beruf nicht mehr ausüben und musste sich vorzeitig pensionieren lassen. Der Gerichtsmediziner Nikolaus Klupp hat in einem Gutachten ihre Verletzungen als schwer eingestuft.

Der anklagegegenständliche Vorfall ereignete sich am 17. Mai 2010, als Claudia Bandion-Ortner noch Justizministerin war. Just die mittlerweile wieder als Richterin ans Wiener Straflandesgericht zurückgekehrte Bandion-Ortner leitete nun den Prozess gegen den Mitarbeiter der oberösterreichischen Firma und den deutschen Hersteller des Reizgas-Werfers, denen die Staatsanwaltschaft fahrlässige Körperverletzung und fahrlässige Gemeingefährdung ankreidete. Der nunmehrige Chef der oberösterreichischen Firma saß nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz ebenfalls auf der Anklagebank. Dass das inkriminierte Geschehen in ihre damalige politische Verantwortlichkeit fiel, war für Bandion-Ortner kein Problem. „Wie Sie wissen, war ich in diesem Zeitraum Justizministerin und Chefin der Justizwache. Ich fühle mich nicht befangen deswegen“, stellte sie zu Beginn des Verfahrens klar. Weder der Staatsanwalt noch die Verteidiger und Rechtsanwalt Wolfgang Mekis, der die Interessen der pensionierten Krankenschwester vertritt, hatten gegen diese Rechtsansicht Einwände, so dass verhandelt werden konnte.