Für Muslime „Das edle Heiligtum“ und für Juden der „Tempelberg“
Jerusalem (APA/AFP) - Den teils künstlich aufgeschütteten Hügel in der Südostecke der Jerusalemer Altstadt verehren die Juden als „Tempelber...
Jerusalem (APA/AFP) - Den teils künstlich aufgeschütteten Hügel in der Südostecke der Jerusalemer Altstadt verehren die Juden als „Tempelberg“ und die Muslime als „Das edle Heiligtum“. Bis vor 2.000 Jahren befanden sich dort vermutlich der Tempel von König Salomon und geschichtlich gesichert der unter Herodes stark erweiterte Zweite Tempel.
Seit 1.300 Jahren stehen auf der rechteckigen Hochfläche die Al-Aksa-Moschee und der islamische Felsendom. Der Prophet Mohammed soll von diesem Ort aus seine Himmelfahrt angetreten haben. Für Muslime ist dies nach Mekka mit der Kaaba und Medina mit dem Prophetengrab die drittheiligste Stätte.
Auch nach der Besetzung Ost-Jerusalems durch die israelische Armee 1967 blieb das Plateau unter Verwaltung einer jordanischen Waqf (Arabisch für „fromme Stiftung“). Im israelisch-jordanischen Friedensvertrag von 1994 wurde die besondere Rolle des jordanischen Königshauses als Hüter der heiligen muslimischen Stätten in Jerusalem bekräftigt.
Das Judentum verehrt den Tempelberg als seinen allerheiligsten Ort. Nur dort, wo der im Jahr 70 von der römischen Besatzungsmacht zerstörte Zweite Tempel stand, soll eine direkte Verbindung zu Gott herstellbar sein. Die Klagemauer an der Westseite des Plateaus dient heute als zentrale Gebetsstätte.
Denn um Provokationen zu vermeiden, dürfen Juden - wie andere nichtmuslimische Besucher - den Tempelberg zwar besichtigen, aber dort nicht beten. Dies ist eine Anordnung der israelischen Polizei, die für die Sicherheit des Geländes zuständig ist. Die Großrabbiner wie auch die große Mehrheit der gläubigen Juden sind sogar völlig dagegen, das Gelände zu betreten, um das nicht endgültig lokalisierbare Allerheiligste nicht mit den Füßen zu beschmutzen.
Da die Zahl national-religiöser jüdischer Besucher, darunter mehrfach auch rechtsradikale Regierungsmitglieder, zuletzt stark zugenommen hat und weil viele dort das Gebetsverbot missachten, fürchten die Palästinenser eine Änderung der Nutzungsrechte, wie es schon in Hebron am Grab der Patriarchen, darunter das Grab von Erzvater Abraham, der Fall war.
Zudem gibt es extremistische Initiativen, die für die Wiederrichtung eines Tempels auf dem Al-Aksa-Gelände eintreten und auch mit öffentlichen Geldern unterstützt werden. Regierungschef Benjamin Netanyahu und das Oberrabbinat sind aber gegen diese Bestrebungen einer Minderheit.