Frau Hauptmann und die Militärpersonen
Ein Bundesheer ohne Soldaten und Soldatinnen: Der Entwurf für eine neue Gender-Sprachregelung stößt auch in Tirol auf Ablehnung.
Von Michaela Spirk-Paulmichl
Innsbruck, Wien –Die Aufregung ist groß, dabei ist das 17-seitige Papier noch gar nicht fertig. „Bevor die neue Sprachregelung rechtskräftig beschlossen wird, können alle Sektionen dazu Stellung nehmen“, sagt Oberst Michael Bauer, Pressesprecher im Verteidigungsministerium. Der Sprachleitfaden werde frühestens Anfang nächsten Jahres Anwendung finden – wenn überhaupt. Denn Bauer kann sich nicht vorstellen, dass die Vorschläge, so wie sie jetzt vorliegen, auch umgesetzt werden. Demnach soll es künftig „Militärperson“ statt „Soldat“ heißen oder „Besatzung“ statt „Mannschaft“. Die Pronomen „jemand“, „niemand“ und „man“ werden komplett gestrichen. „Ich habe noch niemanden gesehen, der gesagt hat, das ist gut und wichtig.“ Die Reaktionen reichen von Kopfschütteln bis zu völligem Unverständnis.
„Schnelligkeit und Einfachheit sind militärische Grundsätze. Umständliche, lange Begriffe bringen nichts, wenn sie dann niemand anwendet.“ Es brauche einen Kompromiss. Natürlich sollten Frauen und Männer direkt angesprochen werden – und das sei auch derzeit schon der Fall. Dass es nicht mehr Soldat und Soldatin heißen soll, könne aber niemand verstehen.
In Österreich rückten vor 17 Jahren die ersten sieben Frauen ein, politische Vorgabe war damals ein Anteil von zehn Prozent. Heute sind 350 Frauen, darunter 35 in Tirol, beim Bundesheer, das sind etwa drei Prozent. Hauptmann Verena Plattner ist stellvertretender Kommandant im Stabsbataillon 6. Die Dienstgrade sind männlich, und das sollen sie auch bleiben – laut Bundesheer auf Wunsch der Soldatinnen hin. Im vergangenen Jahr wurde die Ärztin Andrea Leitgeb zum Brigadier und damit zur ersten Frau im Generalsrang ernannt. Gute Aufstiegschancen sind ein Grund, weshalb Verena Plattner den Weg zum Militär fand. Vor allem aber waren es die Möglichkeiten für eine abwechslungsreiche, interessante Ausbildung.
Eine gendergerechte Sprachregelung ist für sie nicht ein Problem des Bundesheers oder einer beliebigen anderen Einrichtung, sondern der deutschen Sprache. „In Englisch gibt es diese Problematik so nicht. Man müsste also den gesamten Sprachgebrauch ändern.“
Plattner wird mit „Frau Hauptmann“ angesprochen, und das stört sie auch nicht. Ob sie beim Bundesheer ausreichend respektiert wird? „Natürlich!“ Frauen hätten die gleichen Chancen und würden für gleiche Leistung gleich bezahlt. „Wir brauchen keine Sonderstellung.“
Sprachwissenschafterin Beatrix Schönherr sieht für Frauen passende Bezeichnungen als „selbstverständlich“ an. Doch jede Neuregelung stoße auf Kritik, besonders wenn die neue Bezeichnung umständlich sei. „Es gibt durchaus auch milde Formen.“ So habe sich an der Uni der Begriff „Studierende“ statt Studenten durchgesetzt. Warum sollte es nicht „Präsenzdienende“ heißen?