Geteilte Aufmerksamkeit: „Judith/Schnitt_Blende“ der Neuen Oper Wien

Wien (APA) - Manchmal muss man keinen ganzen Musiktheaterabend sehen. Bisweilen reicht auch ein halber. Und bei Judith Unterpertingers Tanzo...

Wien (APA) - Manchmal muss man keinen ganzen Musiktheaterabend sehen. Bisweilen reicht auch ein halber. Und bei Judith Unterpertingers Tanzoper „Judith/Schnitt_Blende“ bleibt dem Zuschauer nichts anderes übrig, wird das Auditorium in der Spielstätte Mumok-Hofstallungen doch zweigeteilt und bekommt so nur einen Teil des Geschehens mit. Desto größer wird die Rolle der sublimen Atmosphärenklänge.

Die 38-Jährige widmet die Produktion der Neuen Oper Wien ihrer 2010 verstorbenen Großmutter gleichen Namens, stellt aber nicht nur eine, sondern gleich drei Judiths auf die Bühne. Assoziationen zur alttestamentarischen und einer an die Komponistin selbst angelehnten Judith treten zu Oma hinzu, jeweils von einer Stimme repräsentiert. Als Gegenüber der drei Stimmen fungieren ein Fagott, eine Viola da Gamba und ein Clavichord. Dieses Sextett wird mittels Videoprojektionen und vor allem dem ausdrucksstarken Tanz von Martina Haager miteinander verwoben, der zwischen intensiver Introspektion, natürlicher Bewegungsimitation und expressiven Momenten changiert.

Der Clou der von Unterpertinger und Katharina Weinhuber arrangierten Inszenierung ist dabei die Teilung der Bühne durch zwei große Leinwände und der Positionierung der Zuschauer auf beiden Seiten. Dadurch sind die Performerinnen stets nur von der Hälfte des Publikums zu sehen, je nachdem, auf welcher Seite sie sich befinden. Manchmal ist ein Schatten von der anderen Seite zu erhaschen, meist jedoch bleibt das dortige Geschehen verborgen. Zwischenzeitlich kann man lediglich auf die Videos von Martina Haager fokussieren, die auf den Leinwänden ihren Tanz verdoppeln. Eine kontemplative, erhellende Sichteinschränkung.

Dieses ungewöhnliche Setting unterstützt die musikalische Gestaltung Unterpertingers, die ihre Musiker einen Klangteppich mit melancholischem Grundwebmuster auslegen lässt. Auch wenn das Fagott bisweilen die Übersteuerung einer Tonanlage imitiert und das Streich-, das Tasten- und das Holzblasinstrument perkussiv eingesetzt werden, bleibt meist ein sinnierender, renaissanceartiger Charakter mit kurzen Zitaten aus Volksliedern oder Kantaten, was nicht zuletzt der Wahl der historischen Instrumente geschuldet ist.

Die große Schwäche des Abends ist das Libretto von Magdalena Knapp-Menzel. Der assoziative, jedoch großteils kryptische Text ist rein akustisch kaum zu verstehen, bleibt aber auch sonst verschlossen-lyrisch. Am stärksten sind da jene Momente, in denen die drei Stimmen lautsprachlich agieren. Dem Jubel am Ende für alle Beteiligten tat dies allerdings keinen Abbruch.

(S E R V I C E - „Judith/Schnitt_Blende“ von Judith Unterpertinger (Musik) und Magdalena Knapp-Menzel (Libretto) in der Mumok-Hofstallung, Museumsplatz 1, 1070 Wien. Inszenierung: Judith Unterpertinger & Katharina Weinhuber. Mit Martina Haager (Tanz), Claudia Cervenca (Stimme 1), Elisabeth Kanettis (Stimme 2), Anna Maria Pammer (Stimme 3) sowie Manon Liu Winter (Clavichord), Robert Gillinger (Fagott) und Eva Neunhäuserer (Viola da Gamba). Weitere Aufführungen am 24. und 25. Oktober. http://www.neueoperwien.at/node/113/programm/theaterzettel/deutsch)