Familienrecht - Doppelresidenz laut VfGH möglich
Wien (APA) - Die „Doppelresidenz“ von Trennungskindern bei beiden Eltern ist auf Basis der bestehenden Gesetzeslage erlaubt, hat der Verfass...
Wien (APA) - Die „Doppelresidenz“ von Trennungskindern bei beiden Eltern ist auf Basis der bestehenden Gesetzeslage erlaubt, hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) nun entschieden. Ein Verbot, offiziell bei beiden Elternteilen zu wohnen, existiert nach Ansicht des Höchstgerichts nicht. Einen Hauptwohnsitz muss das Kind dennoch haben, und auch unterhaltsrechtlich ändert sich durch die Entscheidung nichts.
In Hinblick auf den Schutz des Familienlebens (Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention) sei das Gesetz - konkret die Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs - von den Gerichten dahin gehend auszulegen, dass eine „Doppelresidenz“ (zeitlich gleichteilige Betreuung) bei gemeinsamer Obsorge möglich sei, wenn es aus Sicht des Gerichts für das Kindeswohl am besten ist, gab VfGH-Präsident Gerhart Holzinger am Freitag in einer Pressekonferenz bekannt.
Eine gegenteilige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshof gebe es nicht, und auch in der Literatur werde eine solche Interpretation als zutreffend bezeichnet, argumentierte Holzinger. Die Gerichte hätten dies bisher unterschiedlich interpretiert.
Die vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vorgebrachten Argumente, dass das Gesetz die „Doppelresidenz“ ausschließt und daher verfassungswidrig ist, treffen bei der Lesart, wie sie der VfGH nun verpflichtend vorgibt, nicht zu. Der Antrag, die Bestimmung aufzuheben, wurde daher abgewiesen.
Die Rechtsnorm sei nun auf formale Konsequenzen reduziert, etwa dass es mit dem Hauptwohnsitz einen formalen Zuordnungspunkt des Kindes brauche. Nichts zu tun habe die Entscheidung mit den unterhaltsrechtlichen Regelungen, betonte der VfGH-Präsident. Bei der „Doppelresidenz“ gehe es um Ausnahmefälle, in denen sich die Eltern auch vor der Trennung schon die Kinderbetreuung geteilt hätten. Wenn dies so sei, „dann sollte es das Gesetz nicht verhindern“, sagte Holzinger.
~ WEB http://www.verfassungsgerichtshof.at ~ APA199 2015-10-23/11:48