Syrien-Konferenz in Wien

Krisentreffen zu Syrien bringt keine substanzielle Annäherung

Treffen der Außenminister in Wien: Feridun Sinirlioglu (Türkei), John Kerry (USA, Adel al-Dschubeir (Saudi-Arabien) und Sergej Lawrow (Russland) sprachen über die Lage in Syrien.
© APA/Carlo Allegri

Der Bürgerkrieg in Syrien ist ein Hauptauslöser der Flüchtlingskrise. Nur wenn Russland und die USA an einem Strang ziehen würden, könnte es eine Lösung geben. In Wien sitzen beide Außenminister dazu an einem Tisch - große Fortschritte gibt es aber offenbar nicht.

Wien – Im Ringen um Auswege aus dem syrischen Bürgerkrieg hat ein Krisentreffen in Wien keine substanzielle Annäherung gebracht. Russland auf der einen und die USA, Saudi-Arabien sowie die Türkei auf der anderen Seite blieben am Freitag weiter uneins über die Zukunft des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Russland hält trotz internationaler Kritik an Assad fest, die USAsehen eine politische Lösung in Syrien nur ohne ihn.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte nach Gesprächen mit US-Außenminister John Kerry und seinen Kollegen aus Saudi-Arabien und der Türkei, über das Schicksal Syriens könne nur das syrische Volk entscheiden. „Aber nicht auf dem Schlachtfeld oder über irgendwelche Aufstände, sondern über einen politischen Dialog.“

Nächstes Treffen in einer Woche möglich

Kerry bezeichnete die Gespräche in Wien als „konstruktiv und produktiv“, wie sein Sprecher Mark Toner in Washington sagte. Es habe neue Ideen gegeben, „die die Möglichkeit bergen, die Dynamik in Syrien zu ändern.“ Die Gesprächsteilnehmer könnten sich bereits am nächsten Freitag (30. Oktober) erneut treffen. Toner schloss eine künftige Beteiligung des Irans an den Gesprächen nicht aus.

Der seit viereinhalb Jahren anhaltende Bürgerkrieg in Syrien, der nach UN-Angaben bislang rund 4,2 Millionen Menschen ins Ausland getrieben hat, gilt als Hauptauslöser für die derzeitige Flüchtlingskrise in Europa. Syrische Flüchtlinge bilden auch die mit Abstand größte Gruppe, die derzeit in Deutschland Asyl sucht. Syrische Aktivisten warnten am Freitag vor einer neuen Fluchtwelle in Richtung Türkei, sollten die russischen Luftangriffe und Kämpfe im Norden des Landes andauern.

Gespräche über Assad-Rücktritt nur Gerüchte

Ein rascher Ausweg aus dem Konflikt ist bisher nicht in Sicht, auch weil die beiden Großmächte unterschiedliche Ziele verfolgen: Russland stützt Assad, die USA wollen ihn aus dem Amt drängen. US-Präsident Barack Obama hatte Assad vor kurzem als Tyrannen bezeichnet.

Lawrow bezeichnete Berichte über Gespräche zu einem möglichen Rücktritt Assads als Gerüchte. Zuvor hatte die arabische Tageszeitung Al-Sharq al-Awsat unter Berufung auf nicht näher genannte offizielle türkische Quellen berichtet, Russland habe gegenüber Ankara seine Bereitschaft signalisiert, über Assads Schicksal nachzudenken. Auch der russische Präsidentensprecher Dmitri Peskow sagte dazu in Moskau: „Ich kenne einen solchen Plan nicht.“

Lawrow betonte: „Wenn wir auf einen Regimewechsel setzen und uns dabei auf eine bestimmte Person fixieren (...), dann wissen wir, wie das endet:in einer tiefen Krise.“ Nach Agenturberichten fügte er hinzu: „Wir wollen alle, dass bei einer Lösung der Krise die territoriale Einheit Syriens wiederhergestellt wird.“ Er schloss allerdings ein weiteres Krisentreffen in Kürze nicht aus.

Der saudische Außenminister Adel al-Dschubeirbetonte nach Angaben der Agentur Interfax nach den Gesprächen, für Assad gebe es keinen Platz in einer syrischen Übergangsregierung. Unter den Verhandlungspartnern in Wien gebe es aber „Differenzen zur Zukunft Baschar al-Assads“.

Zehntausende Syrer flohen nach russischer Offensive

Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, kritisierte am Freitag die bisherige Haltung Russlands. „Jeder, der Assad hilft und einem politischen Übergang im Weg steht, wird nur den Konflikt verlängern, mehr Leiden verursachen und (die Terrormiliz Islamischer Staat) IS stärken“, erklärte sie. Die schwierige Situation in Syrien werde durch eine von Russland unterstützte Bodenoffensive des Regimes weiter verschärft. Zuletzt seien 85.000 Syrer vertrieben worden, schrieb Power bei Twitter.

Allerdings schwanken die Angaben zur Zahl der Flüchtlinge: Mindestens 70.000 seien allein im Großraum Aleppo auf der Flucht, sagte Saidun al-Soabi, Leiter einer syrischen Hilfsorganisation, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Und die Zahl der Hilfesuchenden werde in den nächsten Tagen deutlich steigen, da immer mehr Menschen ihre Heimatorte wegen der zunehmenden Gewalt verließen.

Putin stellte sich hinter Assad

Russlands Luftwaffe bombardierte zur Unterstützung des syrischen Regimes erneut Ziele in Syrien. Die Jets hätten 13 Angriffe auf die ostsyrische IS-Hochburg Al-Rakka geflogen, meldete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Dabei seien mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen, darunter 13 IS-Kämpfer und zwei Kinder.

Lawrow sagte in Wien zu den umstrittenen russischen Luftangriffen, Russland und Jordanien hätten sich darauf geeinigt, sich gegenseitig über militärische Handlungen in der Region zu informieren.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich vor den Wiener Gesprächen hinter seinen Verbündeten Assad gestellt. Bei einer Niederlage könnten Terroristen in der Hauptstadt Damaskus einen „Brückenkopf für eine globale Ausweitung“ errichten - dies müsse verhindert werden, sagte Putin am Donnerstag. (dpa)