Opposition im Kosovo verhindert mit Tränengas Parlamentssitzung
Die ultranationalistische Opposition wollte so die vereinbarte Gemeinschaft der serbischen Gemeinden, die beschlossen werden sollte, verhindern.
Prishtina (Pristina)/Belgrad – Chaos in der Kosovo-Hauptstadt Pristina: Die Opposition hat das Parlament mit Tränengas lahmgelegt, auf den Straßen gerieten Polizei und Demonstranten aneinander. Nur unter Polizeischutz konnte ein Rumpfparlament zu einer improvisierten Nachtsitzung in einem Nebenraum zusammenkommen, die um 2 Uhr am Samstag endete. An der Notsitzung nahmen bloß die Abgeordneten der Regierungsparteien teil.
Die Opposition blockiert seit Wochen das Parlament. Sie will damit die Regierung zwingen, ein von der EU vermitteltes Abkommen zurückzuziehen. Damit erhält die serbische Minderheit im Norden des Landes weitgehende Autonomierechte. Die Opposition behauptet, damit werde das Land verfassungswidrig geteilt.
Die Abgeordneten der serbischen Minderheit nahmen an der Krisensitzung des Parlaments am Freitag und Samstag nicht teil. Sie berieten sich stattdessen in Belgrad mit dem serbischen Regierungschef Aleksandar Vucic. „Die politische Krise stürzt das Land ins Chaos“, titelte die wichtigste Zeitung „Koha ditore“ am Samstag in Pristina.
Zum dritten Mal in einem Monat hatte die Opposition seit Freitagnachmittag die Abgeordneten wiederholt mit Tränengas auseinandergetrieben. Die Opposition unter Führung der nationalistischen „Vetevensoje“ (Selbstbestimmung) wurde auf den Straßen rund um das Parlament von Demonstranten unterstützt, die sich gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei lieferten. Sie warfen Steine und Molotowcocktails und steckten Autoreifen in Brand. Zuletzt flogen kurz vor Mitternacht auch Plastikflaschen gegen Regierungschef Isa Mustafa und Außenminister Hashim Thaci. (APA/dpa)
Gewalt im Parlament
Tränengas im Kosovo-Parlament hat bereits mehrfach die Arbeit der Abgeordneten unterbrochen. Auch in anderen Volksvertretungen endeten Debatten schon jäh - nicht selten war Gewalt im Spiel. Einige Beispiele:
- Februar 2015, TÜRKEI: Bei der Debatte über ein Sicherheitsgesetz gehen in Ankara Abgeordnete innerhalb von 48 Stunden zweimal mit Fäusten aufeinander los und werfen mit Stühlen. Insgesamt gibt es zehn Verletzte.
- April 2014, UKRAINE: In Kiew setzen Abgeordnete ein Wortgefecht über die Lage in der Ostukraine mit Fäusten fort. In der Obersten Rada gab es mehrfach derartige Gewaltausbrüche. 2011 gingen politische Gegner auch auf den Abgeordneten und Boxweltmeister Vitali Klitschko los.
- Februar 2014, INDIEN: Mit dem Einsatz von Pfefferspray im Parlament will ein Abgeordneter in Neu Delhi die Debatte um die Bildung eines neuen Bundesstaates verhindern.
- Mai 2013, VENEZUELA: Der Streit der Parlamentarier in Caracas um den Ausgang der Präsidentenwahl endet in einer wüsten Schlägerei mit mehreren Verletzten.
- Februar 2011, KUWAIT: Während einer Terrordebatte im Parlament in Kuwait-Stadt gehen Abgeordnete mit Fäusten aufeinander los und schlagen mit Riemen um sich, die Araber zum Befestigen ihrer traditionellen Kopfbedeckung verwenden.