Laclaus Argentinien - Musterbeispiel des linken Populismus
Buenos Aires (APA) - Sowohl die noch amtierende argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, als auch ihr verstorbener Mann Nes...
Buenos Aires (APA) - Sowohl die noch amtierende argentinische Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, als auch ihr verstorbener Mann Nestor, gelten als Vorzeigebeispiel eines linken Populismus. Weniger bekannt ist, wie sehr sich ihre Politik an den Theorien des argentinischen Postmarxisten Ernesto Laclau (1935 - 2014) orientierte. Seine Theorie des Populismus liest sich wie ein Handbuch des Kirchnerismus.
Zentral in Laclaus Populismuskonzept sind sogenannte Äquivalenzketten: Zusammenschlüsse möglichst vieler Menschen mit möglichst vielen Einzelinteressen rund um einen kleinsten gemeinsamen Nenner, genannt „leerer Signifikant“. Umso umfassender diese Äquivalenzketten werden, umso mehr Menschen und Einzelinteressen sie also umfassen, umso weniger Inhalt kann dieser „leere Signifikant“ haben, schreibt Laclau: „Im Endeffekt, als reductio ad absurdum, kann es ein bloßer Name sein - häufig der eines Führers.“ Oder eben der zweier Präsidenten: „Kirchnerismus“.
Die Einzelinteressen einer „Äquivalenzkette“ können gänzlich unterschiedlicher Natur sein, etwa Unzufriedenheit mit medizinischer Versorgung, dem Bildungs- oder Wohnungsangebot, der Sicherheits- oder Verkehrssituation,... Wichtig ist nur, dass diese sich als kollektives Ganzes begreifen und sich als „Wir“ gegen ein „Anderes“ definieren, als „populare Klasse“ gegen „die Machthaber“.
Die zahlreichen in Argentinien existierenden politisch-sozialen Bewegungen, die in den vergangenen Jahren großzügig aus der Staatskasse finanziert wurden, können durchaus als „Äquivalenzkette“ verstanden werden. Ähnliches gilt für soziale Maßnahmen zugunsten der ärmeren Schichten, wie Familienbeihilfen oder dank staatlicher Subventionen niedrig gehaltene Gas-, Strom- oder Wasserpreise.
Auch das konfliktgeladene Verhältnis „des Volkes“ gegenüber „reicher Machthaber“ findet sich in der argentinischen Wirtschaftspolitik der letzten Jahre, die vor allem die großen (Soja-)Farmer des Landes und die Unternehmen traf. Und die Weigerung, von „Geierfonds“ gehaltene Schulden zu zahlen, war wohl mindestens so sehr eine Frage des Prinzips wie der wirtschaftlichen Möglichkeiten.
Laclau argumentiert übrigens auch, die aktuellen „nationalpopularen Demokratien Lateinamerikas“ (Argentinien, Brasilien, Bolivien, Ecuador) seien angesichts der starken Stellung des Staatsoberhauptes nicht mit den „europäischen parlamentarischen Regierungsformen“ vergleichbar. Seine Witwe, die belgische Politikwissenschafterin Chantal Mouffe (72), mit der er gemeinsam große Teile seiner Theorie entwickelte, scheint dies etwas anders zu sehen. Sie arbeitet aktuell eng mit der spanischen Linkspartei „Podemos“ und der griechischen „Syriza“ zusammen.
(S E R V I C E: Artikel von Ernesto Laclau über Populismus: http://www.zeitschrift-luxemburg.de/warum-populismus/)
(Wiederholung des APA-Hintergrund vom 21.10.2015)