Terrorangst in Europa - Zyprioten fühlen sich nicht gefährdet
Nikosia/Lefkosa (APA) - Der Terror der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat auch in Europa mit mehreren Anschlägen Einzug gehalten. ...
Nikosia/Lefkosa (APA) - Der Terror der Jihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) hat auch in Europa mit mehreren Anschlägen Einzug gehalten. Die Mittelmeerinsel Zypern ist trotz ihrer geografischen Nähe zu Syrien und Nahost von terroristischen Angriffen bisher verschont geblieben. Warum? „Wir sind eine Insel“, heißt es kurz und einhellig.
Dennoch wurden in den vergangenen zehn Monaten in internationaler Abstimmung mit Geheimdienst, EU, INTERPOL und EUROPOL die (Grenz-)Kontrollen verstärkt, erklären Kriminalhauptkommissar Christos Mavris und der Leiter des Büros für Terrorismusbekämpfung, Nicos Nicolaou, im Gespräch mit der APA in Nikosia. In weniger als zehn Fällen seien potenzielle Angreifer an den Grenzen identifiziert worden, 15 mutmaßliche IS-Sympathisanten seien bisher in ihre Heimatländer zurückgewiesen worden.
Einen IS-Anschlag gab es auf Zypern trotz der beiden britischen Militärbasen nicht. Ausländische Kämpfer die internationale Interessen schädigen wollten, werden als mögliche Bedrohung genannt. Daher würden die Küste, Flughäfen, Botschaften oder internationale Unternehmen verstärkt geschützt.
In den 1980er Jahren habe es einige Vorfälle durch Palästinenser auf der Insel gegeben, der Nahost-Konflikt habe seinen langen Arm ausgestreckt. In den vergangenen Jahren gab es auf Zypern zwei Fälle, in denen libanesische Staatsbürger als Mitglieder der Hisbollah-Miliz Anschläge gegen Israel geplant hätten.
Eine Terrorgefahr sei für Zypern ebenso wie für alle anderen EU-Länder eine erste Angelegenheit, heißt es aus der Europäischen Kommission auf Nachfrage der APA. Die Europäische Sicherheitsagenda vom April sehe die Terrorismusabwehr als eine der drei Sicherheitsprioritäten der EU.
Als mögliche Bedrohung empfänden die griechischen Zyprioten vor allem die Türkei. Der IS werde dagegen nicht als bedrohlich empfunden, sagt Stelios Makriyiannis, aus der Abteilung Politische Sicherheit im Gespräch mit der APA im Außenministerium in Nikosia. Tatsächlich nehme man im Außenministerium eine „türkische Bedrohung“ und Terrorismus - die Republik Zypern ist Mitglied der Anti-IS-Koalition - als mögliche Gefahren wahr.
Seit 2010 gibt es daher in der Republik Zypern eine Strategie zur Terrorismusbekämpfung. Das Büro für Terrorismusbekämpfung mit fünf Mitarbeitern, dem Nicolaou vorsteht, gibt es seit 2004. Die Terrorstufe ist in der Republik Zypern derzeit mit „Mittel“ festgesetzt. Das ist die zweite von fünf Gefährdungsstufen, fünf ist die höchste.
Einen Hacker-Angriff hat Zypern erst einmal während seiner Ratspräsidentschaft der Europäischen Union 2012 erlebt. Bisher wurde dieser nicht aufgeklärt.
Auch mit Extremisten gebe es auf Zypern „keine Probleme“, heißt es aus dem Polizeihauptquartier in Nikosia. Die rechtsextreme griechisch-zypriotische Partei EL, ein Ableger der griechischen Neonazi-Partei Goldene Morgenröte („Chrysi Avgi“), organisiert Aufmärsche gegen türkische Zyprioten und Migranten und ist in der Vergangenheit bereits durch Gewalt aufgefallen. ELAM gründete sich 2008 und wurde 2011 als Partei anerkannt. 2011 erhielt sie bei der Parlamentswahl 1,08 Prozent der Stimmen, ein Einzug in das Parlament bei der Wahl im kommenden Jahr wird nicht ausgeschlossen.
Die Zyprioten würden sich im Allgemeinen nicht bedroht fühlen und sich mehr um die Sicherung ihres Eigentums etwa vor Einbruchsdiebstahl sorgen, so die Auskunft der griechisch-zypriotischen Polizei.
Nur das „besetzte Gebiet“ im Norden sei „ein großes Problem für jede Art von Verbrechen, Drogen, Waffen, Schmuggel, Menschenhandel“. „Das beunruhigt uns. (...) Wir wissen nicht genau, was auf der ganzen Insel passiert“, sagt Kriminalhauptkommissar Mavris.
Eine Kooperation mit der international nicht anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ gibt es nicht. Sollte es aber zu einer Einigung im Zypern-Konflikt kommen, und diese bei einem Referendum positiv vom Volk angenommen zu werden, sei man zu einer Kooperation mit der türkisch-zypriotischen Polizei bereit. „Ich denke, ja, es gibt genug Vertrauen“, meint Mavris.
Die von der UNO patrouillierte Grüne Linie sei gefährdet, wird im Polizeihauptquartier in Nikosia betont. Es sei daher die griechisch-zypriotische Polizei verstärkt im Einsatz. Auch aus Außenministerium heißt es, es gebe nicht ausreichend UNO-Kontrollen.
Bisher gab es heuer 85 Fälle von Menschenhandel, sagt Meropi Christofi von der Abteilung Multilaterale Beziehungen und Internationale Organisationen im Außenministerium in Nikosia. Wegen strengerer Visa-Vergaberegeln und Kontrollen sei die Anzahl der Betroffenen zurückgegangen. Der Missbrauch habe sich von sexueller zu Arbeitskraft-Ausbeutung, die schwieriger festzumachen sei, gewandelt.
Tatsächlich erzählen Einheimische in der nur von Ankara anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“ von einem „Las Vegas“ der Türken, Spiel- und Sextourismus, Drogen und Mafia. Die Casinos würden Geld reinwaschen. Der Einzelne merke davon aber nichts.
„Jedes Land hat solche (kriminellen, Anm.) Probleme, und ich bin mir sicher, wir haben sie auch. Wir sind dazu transparent“, kommentiert Ömer Soyer Kalyoncu, Premier der „Türkischen Republik Nordzypern“, an seinem Amtssitz in Nikosia (türk. Lefkosa) auf Nachfrage der APA.
(Entstanden im Rahmen des Projekts „eurotours“ vom Bundespressedienst. Flug und Unterkunft wurden aus Mitteln des Kanzleramts finanziert.)