Deutschland: SPD will Bürger ohne Parteibuch stärker einbinden
Berlin (APA/AFP) - Als erste der etablierten Parteien in Deutschland will sich die SPD für Petitionen von Nichtmitgliedern öffnen. Bürger oh...
Berlin (APA/AFP) - Als erste der etablierten Parteien in Deutschland will sich die SPD für Petitionen von Nichtmitgliedern öffnen. Bürger ohne Parteibuch sollen in einem Modellprojekt die Möglichkeit bekommen, über das Internet Anträge an SPD-Parteitage zu richten und so die innerparteiliche Debatte zu beeinflussen, heißt es in einem Papier des Parteivorstands, das der Nachrichtenagentur AFP vorlag.
Ziel sei es, der SPD ein glaubwürdiges Profil als „Beteiligungspartei“ zu geben. Der Antrag der Parteispitze soll dem SPD-Bundesparteitag im Dezember zur Abstimmung vorgelegt werden. Die Beteiligung von Nichtmitgliedern soll vier Jahre lang in einem Modellprojekt auf Bundesebene erprobt werden.
Nach Vorstellung der Parteispitze soll ein offener Online-Antrag von Nichtmitgliedern dann erfolgreich sein, wenn er binnen dreier Monate auf Bundesebene von mindestens 125.000 Unterzeichnern unterstützt wird. Ein solcher Antrag würde dann in einem nächsten Schritt einem SPD-Parteitag oder Konvent vorgelegt werden.
Die Anträge sollen dem Plan der SPD-Spitze zufolge auf inhaltliche politische Forderungen abzielen. Über Personal-, Satzungs- und Finanzfragen der Partei sollen Nichtmitglieder hingegen nicht bestimmen dürfen. Im Gegenzug für die Öffnung hin zu Nichtmitgliedern will die SPD-Führung das 2005 beschlossene Angebot einer auf zwei Jahre begrenzten Gastmitgliedschaft in der SPD wieder abschaffen.
Den Landesverbänden will die SPD-Bundesspitze freistellen, sich ebenfalls an dem Modellprojekt zu beteiligen. Das erforderliche Quorum zur Vorlage einer Petition an den Parteitag soll auf Landesebene nach Einwohnerzahl gestaffelt festgesetzt werden - bei großen Bundesländern mit zehn bis 20 Millionen Einwohnern sollen knapp 50.000 Unterstützer nötig sein.
Die SPD plane „neue Wege der Kommunikation und Partizipation“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi den Zeitungen der Funke-Gruppe (Samstag-Ausgaben), die zuerst über den Vorstandsantrag berichtet hatten. „Wir wollen die digitale Vernetzung der Menschen nutzen, um einfache und direkte Partizipation besser zu ermöglichen.“
Das Papier der Parteiführung enthält weitere Vorschläge zur besseren Einbindung der Bürger. In „Nachbarschaftskampagnen“ sollten Unterstützer regelmäßig in Aktionstagen von Tür zu Tür gehen, um für die Politik der SPD zu werben. Dafür sollen gezielt sogenannte „Campaigner“ in jedem Unterbezirk ausgebildet werden.
Die Parteiführung verspricht sich von den Neuerungen eine Mobilisierung interessierter Bürger. „Wenn Mitglieder und Interessierte ernsthaft gehört werden und sie Politik beeinflussen können, dann werden sie nicht nur zu den besten Botschaftern, sondern auch zu den motiviertesten Anhängern“, heißt es in dem Papier. Die SPD müsse den Fokus „wieder stärker auf die Überzeugungsarbeit“ lenken. „Gremienarbeit ist nur ein kleiner Teil und steht immer am Ende eines Prozesses.“