EU-Staaten wollen Lage auf Balkan-Route in den Griff bekommen
Brüssel (APA/Reuters/dpa) - Angesichts anhaltend hoher Flüchtlingszahlen versucht die EU, die Lage entlang der sogenannten Balkan-Route in d...
Brüssel (APA/Reuters/dpa) - Angesichts anhaltend hoher Flüchtlingszahlen versucht die EU, die Lage entlang der sogenannten Balkan-Route in den Griff zu bekommen. Auf einem Sondertreffen in Brüssel wollen sich die betroffenen Staaten am Sonntagnachmittag mit der EU-Kommission auf ein geordnetes Verfahren zur Registrierung und Versorgung der Flüchtlinge und Migranten verständigen.
Österreich ist bei dem Treffen durch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vertreten. Die „Politik des Durchleitens“ müsse beendet werden, forderte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in der Zeitung „Bild am Sonntag“. „Die Staaten entlang der West-Balkan-Route müssen geordnete Verfahren und Verhältnisse gewährleisten.“ Er warnte davor, dass das Schengen-Abkommen mit seinen kontrollfreien innereuropäischen Grenzen kippen könnte, wenn nicht endlich ein Schutz der EU-Außengrenzen erreicht werde.
Die betroffenen Staaten wollen deshalb konkrete Hilfen für Balkanländer wie Slowenien, Kroatien, Mazedonien und Serbien verabreden, damit diese den täglichen, oft schwankenden Zustrom von mehreren tausend Menschen aus Syrien, dem Irak, aber immer stärker auch aus Afghanistan oder Pakistan bewältigen können. Zugleich soll Druck auf die griechische Regierung ausgeübt werden, als EU-Staat mit einer Schengen-Außengrenze ausreichend große Aufnahme- und Registrierkapazitäten zu schaffen. In den sogenannten Hotspots, für die das Land von den EU-Partnern Personal, Geld und Material erhalten wird, soll auch entschieden werden, welche Migranten wieder in ihre Heimat abgeschoben werden sollen, weil sie keine Aussicht auf den Schutz als Asylbewerber oder Bürgerkriegsflüchtling haben.
„Es geht jetzt darum, den Migrationsstrom zu verlangsamen und unsere Außengrenzen unter Kontrolle zu bringen. Wir müssen auch klarmachen, dass Menschen, die an unseren Grenzen ankommen, aber nicht internationalen Schutz suchen, kein Recht auf Zugang in die EU haben“, sagte Juncker.
Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Innenminister Thomas de Maiziere hatten eine Initiative gestartet, um auch abgelehnte Asylbewerber vom Westbalkan ohne Papiere in ihre Heimat abschieben zu können. Die deutsche Regierung will gleichzeitig die Rückführung von Flüchtlingen aus Afghanistan und Pakistan forcieren. Berlin wolle erreichen, dass die EU-Kommission mit Afghanistan ein Rückübernahmeabkommen für abgelehnte Asylbewerber aushandelt, berichtete die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“. Bayerns Innenminister Joachim Hermann sagte der Zeitung: „Es ist dringend geboten, die Abschiebungen abgelehnter afghanischer Asylbewerber verstärkt umzusetzen. Wir müssen hier ein deutliches Signal setzen.“
Hintergrund ist, dass die EU mit Afghanistan anders als mit Pakistan noch kein Rückführungsabkommen hat. Migranten aus Afghanistan stellen nach Syrern mittlerweile die am zweitstärksten wachsende nationale Gruppe unter den Asylbewerbern in Deutschland dar.
Anlass für das Krisentreffen in Brüssel sind die Zustände entlang der Balkan-Route, auf der Tag für Tag Tausende Menschen in Richtung Mittel- und Nordeuropa ziehen. EU-Länder wie Ungarn, Kroatien und Slowenien schieben sich dabei gegenseitig die Verantwortung für Transit und Versorgung der Menschen zu, weil sie sich überfordert fühlen.
Der kroatische Regierungschef Zoran Milanovic dämpfte freilich die Erwartungen. Kroatien werde Flüchtlinge nicht über längere Zeit aufnehmen, statt sie wie bisher an Slowenien weiterzureichen. Vordringlich müsse die EU-Außengrenze in Griechenland gesichert werden, betonte er.
Bulgarien, Rumänien und Serbien drohten mit der Schließung ihrer Grenzen. Man werde die Grenzen abriegeln, sollten Deutschland, Österreich oder andere Staaten dies tun, sagte der bulgarische Regierungschef Bojko Borissow am Samstag nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen Victor Ponta und Aleksandar Vucic in Sofia.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte forderte die östlichen EU-Staaten unterdessen auf, mehr zur Eindämmung des Zustroms an Flüchtlingen zu tun. Es seien große Summen in die osteuropäischen Länder investiert worden, „und jetzt machen sie zu wenig“, sagte Rutte am Samstag im niederländischen Fernsehen nach einem Treffen mit EU-Ratspräsident Donald Tusk. Er forderte zudem eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge. „Es kann nicht sein, dass Länder wie Schweden, die Niederlande oder Deutschland den Löwenanteil an Asylbewerbern bekommen.“