Nationalkonservative hoffen in Polen auf Triumph

Warschau (APA/dpa) - Für einen Mann, der auf den seit Jahren sehnsüchtig erwarteten Triumph seiner Partei wartet, gab sich Jaroslaw Kaczynsk...

Warschau (APA/dpa) - Für einen Mann, der auf den seit Jahren sehnsüchtig erwarteten Triumph seiner Partei wartet, gab sich Jaroslaw Kaczynski wortkarg und zurückhaltend. Ein paar Worte mit der Wahlkommission, dann eilte der Vorsitzende der nationalkonservativen Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) auch schon hinter den grünen Vorhang der Wahlkabine, um seine Stimme bei der polnischen Parlamentswahl abzugeben.

Auch an der Urne in einer Schule im Warschauer Stadtteil Zoliborz wollte sich Kaczynski nicht länger als notwendig aufhalten. Mit ernster Mine warf er seinen Stimmzettel ein - kein Lächeln, kein Siegeszeichen, dann eilte er hinaus.

Wollte Kaczynski den Tag nicht vor dem Abend loben? Denn alle Umfragen vor der Wahl deuteten darauf hin, dass seine Partei mit den meisten Stimmen rechnen kann. Ein Sieg nach acht Jahren in der Opposition dürfte für Kaczynski bittersüß sein. Immerhin war er zweimal vergeblich gegen den heutigen EU-Ratsvorsitzenden Donald Tusk angetreten, zweimal hatte er mit seiner Partei eine deutliche Niederlage erlitten.

Nun ist Beata Szydlo die neue Spitzenkandidatin für das Amt der Regierungschefin. Die 52-Jährige verkörpert eine neue Generation, einen neuen Stil in der PiS. Als Frau an der Spitze könnte sie für einige der traditionellen PiS-Wähler auf dem Land und in Kleinstädten des Südens und Ostens noch gewöhnungsbedürftig sein. Doch mit freundlich-sachlichem Auftreten mag es ihr gelungen sein, neue Wählerschichten zu mobilisieren - so wie zuvor schon dem nationalkonservativen Präsidenten Andrzej Duda bei der Präsidentenwahl im Mai. Damals war Szydlo die Kampagnenchefin.

Kaczynski hatte als Regierungschef in den Jahren 2006 bis 2007 wie auch in der Opposition polarisiert. Es gab nicht nur den politischen Kleinkrieg in den Debatten, auch in der Außenpolitik wurden europäische Partner öfter vor den Kopf gestoßen. Noch vor den zuvor letzten Parlamentswahlen 2011 veröffentlichte Kaczynski ein Buch, in dem er der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel Großmachtstreben vorwarf.

Szydlo verzichtete im Wahlkampf völlig darauf, die antideutsche Karte auszuspielen, und gab sich auch sonst deutlich pragmatischer als Kaczynski. Wirtschaft und Soziales standen im Vordergrund ihrer Kampagne - mit finanziellen Versprechen für Familien, Pensionisten und Bauern, die von der liberalkonservativen Regierung als unbezahlbar kritisiert wurden.

Der sonst so übergroße Parteichef hielt sich im Wahlkampf lange zurück. Erst in den letzten Tagen polemisierte er wie zu alten Zeiten, etwa, als er davor warnte, mit Flüchtlingen könnten Cholera und andere Krankheiten nach Polen eingeschleppt werden.

Die liberalkonservative Regierungschefin Ewa Kopacz und ihr Stab, in Umfragen immer wieder deutlich abgeschlagen, wurden indes nicht müde, an die Konflikte und Probleme während Kaczynskis Regierungszeit zu erinnern. Und auch das politische Schicksal eines früheren PiS-Spitzenkandidaten wurde regelmäßig erwähnt: Der Wirtschaftsexperte Kazimierz Marcinkiewicz war 2005 Spitzenkandidat und wurde nach dem Wahlsieg der Nationalkonservativen Regierungschef, - bis ihn Kaczynski ein Jahr später zum Rücktritt zwang und selbst Ministerpräsident wurde.