Tiwag will Konsequenzen aus Entleerung 1977 ziehen
Damals haben Schwebstoffe den Grundablass des Stausees im Kaunertal verstopft und verlegt. Die Entleerung 2016 kostet fünf Millionen Euro.
Von Helmut Wenzel
Kaunertal –Erstmals nach 39 Jahren ist für den Gepatschspeicher eine behördlich vorgegebene Wasserentleerung nötig – die TT berichtete.
Zahlreiche Anlagenteile, die sonst unter Wasser liegen, müssen von Jänner bis März 2016 gewartet, saniert oder ausgetauscht werden. Dahinter steckt enormer Aufwand, wie Tiwag-Projektleiter Bernhard Hofer kürzlich bei einer öffentlichen Präsentation erläuterte. Den Zweck der fünf Mio. Euro teuren Übung bringt Vorstandsdirektor Johann Herdina auf den Punkt: „Es geht um die Gewährleistung höchstmöglicher Sicherheit der gesamten Anlage. Wichtig ist uns eine umweltschonende Wasserableitung über den Triebwasserweg in den Inn.“ Mitglieder der Staubeckenkommission in Wien werden, so Herdina, vor Ort sein, um die Revisionsarbeiten zu beurteilen.
Eine Komplett-Entleerung des Stausees, der 1961 bis 1964 gebaut wurde, gab es bisher nur einmal – im Winter 1977. Damals habe es erhebliche Probleme gegeben, wie die Tiwag einräumt. Sedimente (Schwebstoffe) und Geschiebe hätten den Grund-ablass verstopft und verlegt.
Sediment-Management sei damals unbekannt gewesen. „Heute sind uns im wasserrechtlichen Bescheid klare Grenzwerte bei der Schwebstoffkonzentration vorgegeben“, weiß Hofer. Die Dauerbelastung liege bei einem Gramm pro Liter Wasser, eine zweistündige Spitzenbelastung von zehn Gramm pro Liter sei erlaubt.
Die Schwebstoffmessungen werden laut Tiwag am Faggenbach und auch am Inn durchgeführt. In Rücksichtnahme auf die Fischökologie würden Brutboxen installiert, die Äschenaufzucht werde man in Ersatzgewässer verlegen. Herdina betont: „Bei der Entleerung handelt es sich keinesfalls um eine klassische Stauraumspülung. Es ist eine Stauseeabsenkung, um bauliche Maßnahmen durchzuführen.“ Das schwebstoffbelastete Wasser werde dosiert über das Triebwasser in den Inn abgegeben.
Zudem halte man sich an die Empfehlungen des Experten Stefan Schmutz vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement in Wien. Dieser empfiehlt u. a. schwebstofffreie Erholungsphasen für die Fischpopulation. Die zu erwartende Menge an Schwebstoffen, die in den Inn gelangen, liege bei 13.000 Kubikmetern.
Neben den Kosten der Revisionsarbeiten muss die Tiwag erhebliche Erlösverluste in Kauf nehmen – die Stromproduktion liegt bis Anfang Mai still.
Vom Baustellenverkehr abgesehen erwarte er keine Auswirkungen für die Gemeinde, sagte Bürgermeister Pepi Raich am Dienstag: „Die Zufahrt zum Gletscherskigebiet wird über die westliche Uferstraße gewährleistet.“