„Inventarnummer 1938“- Einblicke in die Provenienzforschung des W

Wien (APA) - Eine räumlich betrachtet kleine, aber umso gewichtigere neue Dauerausstellung ist ab sofort im Technischen Museum Wien zu sehen...

Wien (APA) - Eine räumlich betrachtet kleine, aber umso gewichtigere neue Dauerausstellung ist ab sofort im Technischen Museum Wien zu sehen. Unter dem Titel „Inventarnummer 1938“ präsentiert das Haus Ergebnisse der seit 1998 geleisteten Provenienzforschung. 80.000 Objekte wurden bis dato auf ihre Herkunft hin untersucht, erläuterte W-Direktorin Gabriele Zuna-Kratky am Dienstag bei der Presseführung.

In einem kleinen Raum, der durch die Optik von geöffneten Transportkisten auch einen inhaltlichen Bogen zur Enteignung der jüdischen Bevölkerung im Dritten Reich spannt, finden sich nun etwa - als größtes Objekt - ein Fiat 522, der einst Rosa Glückselig gehörte, ein Durchlauferhitzer aus der Wohnung von Ernst Sonnenschein oder ein Salonradio von Regine Ehrenfest-Egger, das das TMW restituierte und 2008 wieder ankaufte.

Insgesamt handelt es sich um hunderte Objekte, die im Laufe der Zeit als Nazi-Raubgut identifiziert werden konnten, erläuterte Provenienzforscher Christian Klösch. Bisher wurden 16 Restitutionsfälle ermittelt, wovon die Hälfte bereits abgeschlossen ist, so Zuna-Kratky. In einigen Fällen arbeite man nach wie vor daran, mögliche Erben zu finden, da einige von den Nazis ermordeten Besitzer keine Kinder hinterließen.

„Die öffentliche Diskussion um Provenienzforschung wird von der Frage der Rückgabe von wertvollen Kunstgegenständen beherrscht“, unterstrich die TMW-Direktorin bei der Pressekonferenz. „Dabei wird meist übersehen, dass die Nationalsozialisten hauptsächlich Objekte des alltäglichen Lebens, wie Radio- und Fotoapparate, Möbel, Fahrräder, Musikinstrumente, Wäsche, Autos oder Motorräder von ‚rassisch‘ und politisch Verfolgten gestohlen haben.“ Diesem Umstand trage man nun mit der neuen Schau Rechnung. Das zur Ausstellung erschienene gleichnamige Buch sowie Tafeln bei den gezeigten Objekten geben Einblicke in die Lebensumstände der damals Beraubten und zeichnen die Provenienzgeschichte nach.

Auch in Zukunft wird das Museum weiterhin Provenienzforschung betreiben, auch bei Neu-Ankäufen. Schließlich kommen Objekte oft über zahlreiche Umwege ans Haus. So geschehen etwa bei einer Orgel von Willibald Duschnitz, die heute im Festsaal des Technischen Museums steht. Nach seiner Emigration blieb die Orgel in seiner Villa, die während des Krieges besetzt wurde. 1950 wurde der Besitz zurückgegeben, 1955 verkaufte er die Orgel an die Pfarre Leopoldsdorf. 1994 schließlich erwarb das TMW das Stück - ein unbedenklicher Ankauf, wie sich im Laufe der Recherchen herausstellte. Dennoch waren die Ergebnisse für den Enkel Duschnitz‘ ein Glücksfall. Bis 2014 wusste die Familie nicht, was mit der Orgel geschehen war, erzählte er bei der Pressekonferenz.

Im Falle der Restitution des Fiats mündeten die Recherchen gar in einem internationalen Forschungsprojekt, das gemeinsam mit der Israelitischen Kultusgemeinde und dem Deutschen Museum München realisiert wurde: „Autos mit Vergangenheit - Entzug und Restitution von Kraftfahrzeugen. Aspekte zur Verkehrsgeschichte Österreichs (1930 - 1955)“ nennt sich das von 2009 bis 2012 durchgeführte Projekt, dessen Ergebnisse nun auch in einer Datenbank (http://go.apa.at/LvUwPBNg) abrufbar sind.

(S E R V I C E - „Inventarnummer 1938.“ Ausstellung zum Thema Provenienzforschung im Technischen Museum Wien. Der Begleitkatalog umfasst 144 Seiten und kostet 22,80 Euro. Infos unter www.technischesmuseum.at)