Hypo-U-Ausschuss - RH-Chef Moser teilte aus: Zugewartet statt agiert
Wien/Klagenfurt (APA) - Bei seinem zweiten Auftritt im Hypo-Untersuchungsausschuss hat Rechnungshof-Präsident Josef Moser sich kein Blatt vo...
Wien/Klagenfurt (APA) - Bei seinem zweiten Auftritt im Hypo-Untersuchungsausschuss hat Rechnungshof-Präsident Josef Moser sich kein Blatt vor den Mund genommen. Die Verantwortlichen der Jahre 2008 und 2009 in Politik und Aufsicht hätten dem Niedergang der Bank zugeschaut und zu spät reagiert, sagte Moser. Als Ursache des Milliardendebakels sieht er Fehler in der Bank, die Finanzkrise habe den Niedergang nur beschleunigt.
Mosers heutige Befragung läutete die Phase zwei des U-Ausschusses im Nationalrat ein. Die Abgeordneten wollen die Periode der Gewährung von PS-Kapital und der Verstaatlichung näher beleuchten.
Die Nationalbank (OeNB) hatte vor der Gewährung der staatlichen Kapitalspritze in Höhe von 900 Mio. Euro im Dezember 2008 in einer Stellungnahme die Hypo als „not distressed“ bewertet - obwohl die Vorgaben für die Bewertung laut EU-Kommission nur „fundamentally sound“ oder „distressed“ waren. Die Nationalbank habe hier eine neue, dritte Kategorie geschaffen, die aber nicht vorgesehen war, kritisierte Moser. Die Formulierung bei der Hypo sei „einzigartig“ gewesen.
Die OeNB habe in ihrem Bericht zwar die Schwächen der Hypo erkannt, etwa die dünne Eigenkapitalausstattung, aber daraus nicht die notwendigen Schlüsse gezogen. Der Bericht enthalte „Widersprüche“, so Moser. Einen Einfluss von außen auf die Nationalbank bei dieser Stellungnahme habe der Rechnungshof in seiner Prüfung nicht festgestellt. Warum die Analyse der OeNB so verfasst wurde, wisse er nicht: „Der Rechnungshof kann keine Motivationsforschung betreiben.“
SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer verwies darauf, dass diese Bewertung durch die Nationalbank nicht entscheidend für die Gewährung der staatlichen Kapitalspritze von 900 Mio. Euro gewesen sei, sondern lediglich für das weitere Vorgehen danach, wie etwa die Höhe der Zinsen. Entscheidend für die Gewährung von Staatsgeld sei damals die Einstufung der Hypo durch die Nationalbank als „systemrelevante Bank“ gewesen.
Die Fimbag (Finanzmarktbeteiligungs AG des Bundes) habe nach der Gewährung des Partizipationskapitals an die Bank ihre Kontrollaufgabe nicht erfüllt, rügte Moser. Obwohl sie in die Buchführung Einblick hätte nehmen können, habe sie dies nicht getan. Als Lehre daraus plädiere er für eine Zusammenführung der Verantwortlichkeiten der Fimbag mit dem Finanzministerium. Praktisch gleichzeitig zu Mosers Aussage gab das Finanzministerium per Aussendung die Auflösung der Fimbag bekannt.
Zwischen der Kapitalspritze im Dezember 2008 und der Notverstaatlichung im Dezember 2009 sei nichts unternommen worden, kritisierte Moser. „Man hat zugewartet und nicht agiert.“ Obwohl man im Jahr 2009 eine Verschlechterung der Lage der Bank registrierte, seien keine Handlungen gesetzt worden. Spätestens im März oder April 2009 hätte man Maßnahmen setzen müssen.
Das Finanzministerium hätte schon viel früher aktiv werden und sich Daten und Fakten zur Hypo beschaffen müssen. Diese Unterlagen hätten dann bei den Verhandlungen zur Verstaatlichung gefehlt. Stattdessen habe man auf verschiedene Berichte gewartet, etwa zu den Assets der Bank. Im Dezember 2009 habe man dann „unter Zeitdruck“ die Bank notverstaatlicht.
Laut einer Aufstellung der Nationalbank hätte eine Insolvenz der Hypo damals - bei 100-prozentiger Erfüllung der Forderungen, also ohne Quote - 27 Mrd. Euro gekostet. Davon wären auf das Land Kärnten 17,4 Mrd. Euro entfallen, auf die Republik Österreich 3 Mrd., auf die anderen Landeshypothekenbanken 3,2 Mrd. und auf andere österreichische Banken 1,5 Mrd. Euro. Für den Staat (Republik Österreich und Land Kärnten) wäre demnach das Risiko bei rund 20 Mrd. Euro gelegen.
Von einer möglichen Einflussnahme des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP) auf den damaligen Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) wisse er nichts, sagte Moser auf eine Frage von Robert Lugar (Team Stronach). Lugar hatte angekündigt, er wolle untersuchen, ob Erwin Pröll auf Josef Pröll Einfluss genommen habe, um das Risiko dem Steuerzahler umzuhängen und von der NÖ-Landeshypo und den Raiffeisenbanken abzuwenden. Erwin Pröll werde vor den Ausschuss geladen, kündigte Lugar in einer Aussendung als Replik auf Kritik aus der ÖVP-NÖ an. „Wer Verschwörungstheorien wie der Herr Lugar äußert, sollte besser einen Arzt aufsuchen“, kommentierte ÖVP-Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner.
Die Ursache für den Niedergang der Bank war laut Moser „sicher nicht alleine die Bankenkrise“. Die Finanzkrise habe die Lage zwar verschärft, aber die Ursache sieht er in bankeigenen Fehlern: Mangelndes Kreditrisikomanagement und Managementfehler, gepaart mit starkem Wachstum, hätten das Risiko immer weiter vergrößert. Schon bei den 2006 aufgedeckten Swap-Verlusten hätte man genauer hinschauen und Maßnahmen setzen müssen, sagte Moser. „Die Swap-Verluste waren ein absolutes Warnsignal.“
ÖVP-Mandatar Gabriel Obernosterer brachte die Mitarbeiterstiftung bei der Hypo aufs Tapet. In einem Protokoll einer Aufsichtsratssitzung der Kärntner Landesholding 2008 fehle der gesamte Punkt c. „Der wurde einfach herausgelöscht“, kritisierte er. Es fehle jener Punkt, aus dem die Rückzahlung von 75 Mio. Euro hervorgehe, die die Kärntner Landesholding der Kärntner Privatstiftung zur Verfügung gestellt habe, die damit 2,65 Prozent an der Hypo kaufen konnte. Dadurch wurde der Landesanteil an der Hypo unter 50 Prozent gedrückt, sodass der Bundesrechnungshof sie nicht mehr prüfen konnte.“Das heißt, es war dem Land Kärnten 75 Mio. Euro wert, den Rechnungshof vor die Tür zu setzen.“
NEOS-Abgeordneter Rainer Hable griff das Thema auf. Da die Mitarbeiterstiftung offenbar vom Land Kärnten selber finanziert wurde, handle es sich hier um ein „Umgehungsgeschäft“. Wirtschaftlich gesehen sei das Land Kärnten weiterhin Mehrheitseigentümer gewesen. Nach einer kritischen Prüfung der Bank im Jahr 2002/03 war dem RH eine Follow-up-Prüfung 2006 verwehrt worden, weil der Anteil des Landes Kärnten an der Bank unterdessen durch den „Einstieg“ der Stiftung unter 50 Prozent gesenkt wurde. Auch wenn der RH damals von dem Finanzierungshintergrund gewusst hätte, hätte er trotzdem die Hypo nicht weiter prüfen können, gab Moser zu bedenken. Dafür hätte man einen Syndikatsvertrag über die tatsächliche Beherrschung der Hypo durch das Land Kärnten gebraucht.
Unterschiedliche Einschätzungen zum Hypo-Wachstum während der Eigentümerzeit der Bayern gab es zwischen der FPÖ und der SPÖ. Während der FPÖ-Abgeordnete Erwin Angerer von einem rasanten Wachstum der Bilanzsumme der Bank in den Jahren zwischen 2007 und 2009 sprach, wodurch sich auch das Risiko stark erhöht habe, sah SPÖ-Abgeordneter Jan Krainer ein durchschnittliches Wachstum von fünf bis 10 Prozent. FPÖ-Fraktionsführer Gernot Darmann ortete eine „fragwürdige Rolle“ der Bayern. Diese hätten viel früher eine Verstaatlichung der Hypo erwogen, als sie mit den Österreichern darüber geredet hätten, warf er ihnen mangelnde Transparenz vor.
NEOS-Abgeordneter Hable sieht das Versagen der Hypo nicht in Managementfehlern, sondern in absichtlich riskantem Vorgehen des Bankmanagements begründet. Grünen-Abgeordneter Werner Kogler schloss sich diesem Resümee an.
Als zweite Auskunftsperson wird heute Nationalbank-Prüfer Florian Weidenholzer befragt, der eine Prüfung der Hypo 2009 geleitet hatte.