Israel nennt EU-Kennzeichnung von Siedlerprodukten „Boykott Israels“
Jerusalem (APA/AFP) - Israel hat am Dienstag die in Kürze erwarteten EU-Richtlinien zur Herkunftsangabe auf Produkten aus Siedlungen in bese...
Jerusalem (APA/AFP) - Israel hat am Dienstag die in Kürze erwarteten EU-Richtlinien zur Herkunftsangabe auf Produkten aus Siedlungen in besetzten Gebieten als „Boykottaufruf gegen Israel“ verurteilt. „Wer auch immer den Boykott bestimmter Regionen Israels betreibt, boykottiert unseren Staat und delegitimiert ihn“, sagte Vizeaußenministerin Zipi Chotoveli bei einer Pressekonferenz im besetzten Westjordanland.
Das Westjordanland sei integraler Bestandteil Israels. Die israelische Regierung geht davon aus, dass die Europäische Kommission in der kommenden Woche eine Direktive verabschiedet, die eine korrekte Etikettierung auf Erzeugnissen aus dem Westjordanland, dem annektierten Ostteil Jerusalems und den Golanhöhen vorschreibt. Chotoveli erklärte bei dem Pressetermin im Gewerbegebiet Barkan, sie werde ab Mittwoch nach Spanien, Deutschland und Frankreich reisen, um auf einen Verzicht auf die Etikettierung zu drängen.
„Unsere Freunde müssen sich darüber klar werden, dass dies nicht der Weg ist, die Koexistenz zu fördern, während der Terrorismus gerade jetzt ausschließlich von der palästinensischen Seite ausgeht“, sagte die Politikerin vom rechten Rand der Likud-Partei von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu.
Den Kritikern der Herkunftsbezeichnung geht es weniger um potenziell geringere Absatzchancen für die Waren aus den Siedlungen. Diese machten bei industriellen Erzeugnissen nur 0,7 Prozent und bei Agrargütern nur 2,5 Prozent der Exporte in die EU aus, errechnete der wissenschaftliche Dienst des israelischen Parlaments. Ihr Volumen liegt bei gut 200 Millionen Euro pro Jahr; geht der Absatz in Europa zurück, lassen sich für diese Mengen andere Importeure finden. Chotoveli warnte, „die Verbraucher in keinem Supermarkt in Paris oder Berlin werden den Unterschied erkennen“ zwischen Waren aus dem Westjordanland oder Tel Aviv.
Viele europäische Regierungen sind extrem frustriert, dass der Nahostkonflikt unlösbar scheint und Israel entgegen dem Völkerrecht weiter seine eigene Bevölkerung in den 1967 eroberten Gebieten ansiedelt. Sie drängen auf die Umsetzung eines schon 2012 vom EU-Außenministerrat gefassten Beschlusses zur korrekten Herkunftsbezeichnung auf Siedlerprodukten.
Die Brüsseler Kommission arbeitet seit Monaten an der praktischen Umsetzung. Dabei geht es darum, den Handelsketten und der Nahrungsmittelindustrie vorzuschreiben, welche Angaben die Etiketten mindestens enthalten müssen. Dabei betont die EU, es handle sich nicht um einen Boykott, sondern um eine verbesserte Information für den mündigen Verbraucher.