Auch CO2-Werte falsch

VW-Skandal in neuer Dimension: Aktien brechen stark ein

Der Verkauf des Porsche Cayenne mit Dieselmotor wurde in den USA vorübergehend eingestellt.
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Die schwerste Krise in der Geschichte des Volkswagen-Konzerns nimmt immer größere Ausmaße an. Nicht nur die Stickoxid- sondern auch die CO2-Ausstoßwerte mehrerer Motoren wurden falsch angegeben. Der Aktienkurs stürzte am Mittwoch erneut ab.

Wolfsburg - Der Abgasskandal bei Volkswagen erreicht eine neue Dimension: Nicht nur gefährliche Stickoxide (NOx), auch klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) dürfte laut internen Untersuchungen von vielen Modellen in größeren Mengen ausgestoßen worden sein als angegeben. Damit könnte der tatsächliche Spritverbrauch von hunderttausenden Fahrzeugen höher liegen, als deren Besitzer bisher annahmen.

Es gehe dabei hauptsächlich um Dieselautos, aber auch um eine geringe Anzahl von Benzinern. Wie hoch der gemessene Ausstoß über den offiziellen Werten liegt, sagte ein Sprecher zunächst nicht. Die neuen Hiobsbotschaften schickten die Vorzugsaktie der Wolfsburger am Mittwoch abermals auf eine Talfahrt. Das Papier sackte nach dem Handelsbeginn in Frankfurt zeitweise um mehr als 10 Prozent ab. Die Papiere von Porsche Automobil gaben ebenfalls um klare 8,32 Prozent nach.

Vorstand verspricht „schonungslose“ Aufklärung

„Nach derzeitigem Erkenntnisstand können davon rund 800.000 Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns betroffen sein“, hieß es in Wolfsburg. Europas größter Autobauer taxierte die wirtschaftlichen Risiken in einer ersten Schätzung auf rund 2 Mrd. Euro.

Der neue Vorstandschef Matthias Müller versprach erneut eine „schonungslose“ Aufklärung: „Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative.“ Der Aufsichtsrat reagierte „mit Betroffenheit und Sorge“ auf die neuen Erkenntnisse. Nach Informationen der dpa wird sich die Aufsichtsratsspitze spätestens an diesem Sonntag treffen, der komplette Aufsichtsrat dann am Montag.

Bisher ging es in dem Skandal ausschließlich um Stickoxide. Im September hatte VW eingestanden, bei Abgastests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Dieselmotoren manipuliert zu haben. Das Programm schaltet in Testsituationen in einen Sparmodus. In dem Zusammenhang musste VW bereits 6,7 Mrd. Euro zurückstellen.

Verkauf von Porsche Cayenne in USA eingestellt

Die US-Umweltbehörde EPA wirft VW, Audi und Porsche vor, auch bei größeren Dieselmotoren getäuscht zu haben. Die Unternehmen wiesen die Anschuldigungen zurück. Porsche stoppte jedoch den Verkauf des Geländewagens Cayenne mit Dieselmotor in den USA. Man habe die Auslieferung der entsprechenden Modelle dort vorerst eingestellt, sagte ein Sprecher am Mittwoch. Dies sei eine reine Vorsichtsmaßnahme.

Vom neuen Skandal sind die VW-Modelle Polo, Golf und Passat betroffen, sagte ein Sprecher. Bei Audi seien es A1- und A3-Modelle, bei Skoda gehe es um den Octavia, bei Seat um den Leon und Ibiza. Auch bei einem Benzinmotor mit Zylinderabschaltung gebe es Auffälligkeiten. Es handle sich aber um eine geringe Stückzahl. Bei den Dieselmotoren seien 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Varianten betroffen.

Kfz-Steuer hängt am CO2-Ausstoß

Die neue Dimension könnte auch finanziell gravierende Folgen haben. So hängt in Deutschland (seit 2009) und Österreich (seit 2014) die Höhe der Kfz-Steuer für jüngere Pkw auch am CO2-Ausstoß. Damit steht das Risiko im Raum, dass durch die Abgasmanipulationen Kfz-Steuern für Autos aus dem VW-Konzern zu niedrig festgesetzt worden sind. (tt.com, APA/dpa)

CO2-Werte: Autobesitzer brauchen sich keine Sorgen machen

Gute Nachricht für Inhaber von VW-Fahrzeugen, deren CO2-Ausstoß nicht den Angaben im Typenschein entspricht: Sie brauchen sich keine Sorgen über Steuernachzahlungen zu machen. Denn die Normverbrauchsabgabe (NoVA), die sich nach CO2-Emission und Fahrzeugwert richtet, wird vom Händler abgeführt - und bei dem liegt daher die Abgabenlast, so das österreichische Finanzministerium am Mittwoch.

Festgestellt wird der CO2-Ausstoß im Ursprungsland der Erstzulassung - im Falle von VW ist das Deutschland. Sobald die deutschen Behörden eine Manipulation feststellen melden sie dies dem österreichischen Verkehrsministerium, das diese Info an die Finanzverwaltung weiterleitet, beschreibt das Finanzministerium den Behördenweg.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) appellierte heute an die Politik, strengere Regelungen und Kontrollen umsetzen. Die Autofahrer dürften für die Manipulationen jedenfalls nicht zum Handkuss kommen. Der VCÖ weist seit Jahren darauf hin, dass der Realverbrauch von Fahrzeugen nicht der Realität entspricht, woraufhin er von VW vor einigen Jahren geklagt wurde.