Draghi: Neue Bankenunion braucht auch gemeinsame Einlagensicherung

Frankfurt (APA/dpa) - Gemeinsame Regeln sollen Europas Bankensystem krisenfester machen. Erste Schritte sind getan, doch ein wichtiger Baust...

Frankfurt (APA/dpa) - Gemeinsame Regeln sollen Europas Bankensystem krisenfester machen. Erste Schritte sind getan, doch ein wichtiger Baustein fehlt noch. Vor allem aus Deutschland kommt Widerstand gegen eine gemeinsame Absicherung von Kundengeldern.

Nach Bankenaufsicht und Bankenabwicklung muss Europa nach Ansicht der Europäischen Zentralbank (EZB) nun auch den Sparerschutz grenzübergreifend vereinheitlichen. „Es ist höchste Zeit, dass die Bankenunion komplettiert wird. Ansonsten würden wird denselben Fehler machen wie zur Einführung der Euro“, sagte EZB-Präsident Mario Draghi am Mittwoch zum ersten Jahrestag der EZB-Bankenaufsicht in Frankfurt.

Die Bankenunion brauche alle drei Pfeiler: Gemeinsame Bankenaufsicht, gemeinsame Abwicklung von Kriseninstituten und gemeinsame Sicherung von Einlagen. „Damit Bankeinlagen wirklich überall im Euroraum sicher sind, muss sichergestellt werden, dass die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns einer Bank unabhängig ist von ihrem Sitz“, sagte Draghi.

Die EU-Kommission will bis Jahresende einen Vorschlag für ein europäisches System zur Absicherung von Bankguthaben vorlegen. Die deutsche Regierung sieht das Vorhaben kritisch, Sparkassen und Volksbanken laufen Sturm gegen die Pläne. Die Befürchtung ist, dass über viele Jahre gefüllte deutsche Sicherungstöpfe im Krisenfall in anderen Euroländern angezapft werden, wo es bisher kaum solche Reserven gibt.

Seit einem Jahr gibt es eine zentrale Bankenaufsicht für die Eurozone unter EZB-Führung („Single Supervisory Mechanism“/SSM). Von 2016 an greifen gemeinsame Regeln zur Sanierung und - im Notfall - Schließung von Banken („Single Resolution Mechanism“/SRM). Einen Zeitplan für die umstrittene gemeinsame Einlagensicherung gibt es bis jetzt nicht.

Die Etablierung des SSM stelle nicht das Ende notwendiger struktureller Reformen dar, „aber es war ein entscheidender Schritt und in vielerlei Hinsicht war es der Schlüssel, um voranzuschreiten“, sagte Draghi. „Es kann nur eine gemeinsame Währung geben, wenn es ein gemeinsames Bankensystem gibt.“ Draghi bekräftigte, die neue Bankenaufsicht sei auch offen für Nicht-Euroländer.

Die EZB-Aufsicht hatte ihre Arbeit offiziell am 4. November 2014 aufgenommen. Zuvor waren die Bilanzen der größten Banken Europas durchleuchtet und die Institute in einem Stresstest auf ihre Krisenfestigkeit überprüft worden. Die EZB-Aufsicht überwacht nach jüngsten Angaben die 122 führenden Banken in den 19 Eurostaaten direkt. Darunter sind 21 Bankengruppen in Deutschland.

SSM-Chefin Daniele Nouy sprach von großen Fortschritten im Bemühen um einheitliche Regulierung. Allerdings sei die Harmonisierung der Aufsicht noch nicht abgeschlossen: „Die Entwicklung einer einheitlichen Aufsichtskultur braucht noch Zeit.“ Im kommenden Jahr wollen sich die Aufseher verstärkt die Geschäftsmodelle der Banken anschauen. Die Institute stehen wegen Minizinsen und verschärfter Kapitalanforderungen der Regulatoren immens unter Druck.

~ WEB http://www.ecb.int ~ APA234 2015-11-04/11:39