Hypo-Prüfer: Nur vier Tage für „not distressed“-Stempel
Im Untersuchungsausschuss zur Hypo wurde heute einer der ehemaligen Prüfer der Nationalbank befragt, der die Hypo Alpe Adria 2008 knapp vor der Verstaatlichung bewertet hat. Für die Analyse hätten die Prüfer damals nur vier Tage Zeit bekommen. Die Einschätzung der Nationalbank, die die Hypo nicht als notleidend einschätzte, war damals bedeutend für die Entscheidung zur Verstaatlichung.
Wien/Klagenfurt – Der „Miterfinder“ des umstrittenen „Not-distressed“-Ratings für die Hypo Alpe Adria im Dezember 2008, OeNB-Bankenprüfer Peter Breyer, hat die Hypo-Analyse der Notenbank „unter extremem Zeitdruck“ verteidigt. Das Finanzministerium habe der Notenbank nur vier Tage für die Stellungnahme Zeit gegeben. Eine Einflussnahme „von oben“ auf die Analyse verneinte er am Mittwoch im Hypo-U-Ausschuss.
„Kein Persilschein“ für die Hypo sondern neue Kategorie
„Es war kein Persilschein“, betonte Breyer. Eine Risikoprüfung (Due Diligence) der Hypo Alpe Adria hätte zwischen drei und fünf Wochen gedauert. Warum die Nationalbank im Dezember 2008 vom Finanzministerium nur vier Tage für eine Hypo-Analyse bekommen habe, konnte sich der Bankenprüfer nicht erinnern. Vielleicht weil die Hypo Alpe Adria eine höhere Kapitalquote für die Bilanz 2008 wollte, mutmaßte er.
Damals konnten die Bankenprüfer die Institute eigentlich nur mit „sound“ (gesund) oder „distressed“ (notleidend) bewerten. Die OeNB verwendete mit „not distressed“ (nicht notleidend) dann eine dritte Kategorie. Auf Grundlage der OeNB-Analyse und dem „Not-distressed“-Urteil erhielt die angeschlagene Hypo Alpe Adria im Dezember 2008 von der Republik Österreich staatliches PS-Kapital in der Höhe von 900 Mio. Euro, um die Bank zu stützen. Mit einer „Distressed“-Bewertung hätte die Hypo höhere Zinsen für das PS-Kapital zahlen und innerhalb von sechs Monaten einen Restrukturierungsplan vorlegen müssen.
Nicht die einzige Bank mit „not distressed“-Einstufung
Die Einstufung der Hypo Alpe Adria als „not distressed“ war kein Einzelfall. Zahlreiche österreichische Banken wurden so bewertet. Die Kommunalkredit und Semper Constantia Privatbank bewertete die OeNB laut Breyer mit „distressed“. Auch die BAWAG wurde damals als distressed eingestuft, geht aus einer APA-Meldung von Ende Jänner hervor.
Die Hypo sei zwar „sicher nicht“ „sound“ gewesen, aber als „distressed“ habe man sie auch nicht einstufen können, weil sie alle aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfüllt habe. Darum sei im Laufe der Diskussionen das „not distressed“ als Bewertung entstanden, erinnerte sich der OeNB-Bankenprüfer. Wer genau die Idee hatte, wisse er nicht mehr, aber er sei sicher mit dabei gewesen. Im Finanzministerium sei der Begriff jedenfalls nicht erfunden worden. Das Ministerium habe aber das „not distressed“ als „sound“ an die EU weitergegeben.
Er selber habe in einer Phase der Diskussion Ende 2008 vorgeschlagen, das Ministerium darüber entscheiden zu lassen, wie die Einstufung lauten soll, bestätigte Breyer Inhalte interner Mails, die schon 2014 in die Öffentlichkeit gelangt sind. Diese Idee sei aber nie umgesetzt worden, das Ministerium habe das Mail nie gesehen. Insgesamt verneinte Breyer jede Einflussnahme des Finanzministeriums auf die Einstufung der Bank. Auch OeNB-Chef Ewald Nowotny habe „nie irgendetwas erwähnt oder auf mich eingewirkt“.
Zinssatz für notleidende Banken wurde nicht eingerechnet
Das Positionspapier des Finanzministeriums für die Hypo-Analyse ging laut dem Bankenprüfer nur von einem Zinssatz von 8 Prozent oder 9,3 Prozent für das staatliche PS-Kapital aus und die Analyse habe daher nur die beiden Zinssätze berücksichtigt. Der Mindest-Zinssatz von 10 Prozent für notleidende Banken („distressed“) war im Analyseauftrag nicht enthalten.
Im November und Anfang Dezember 2009, knapp vor der Notverstaatlichung, war die Lage der Hypo schon „sehr dramatisch“, so Breyer. Die Bank habe 20 bis 30 Prozent ihrer Einlagen verloren, die „interessierte Öffentlichkeit“ habe gebannt auf die anstehende Hauptversammlung zur Zukunft des Instituts gewartet. Die BayernLB als Mutter habe in dieser Phase massiven Druck auf die Hypo ausgeübt, aber sie habe kein Geld abgezogen, sondern nur „nichts mehr hineingegeben“, etwa indem ein Kreditrahmen nicht mehr gezogen werden durfte. Aber auch zu diesem Zeitpunkt sei nicht klar gewesen, dass es eine Verstaatlichung geben werde, sagte Breyer. (APA)