Wirtschaft im Gespräch

Frieden-Chef: Normenflut und Energiestandards als Preistreiber

Seit 15 Jahren ist Dietmar Härting, Chef der gemeinnützigen Baugenossenschaft Frieden.
© TT/Andreas Rottensteiner

Normen verteuern das Wohnen. Der Chef der gemeinnützigen Baugenossenschaft Frieden, Dietmar Härting, fordert, die Normenanzahl zu reduzieren.

Frieden ist ein gemeinnütziger Bauträger und eine Genossenschaft. Wie unterscheiden Sie sich von anderen Gemeinnützigen, Herr Härting?

Dietmar Härting: Wir unterscheiden uns in der Nähe zu unseren Kunden. Sobald man bei uns eine Wohnung mietet oder kauft, wird man Genossenschaftsmitglied. Diese wählen den Aufsichtsrat und den Vorstand. Daher sind wir der Basis verpflichtet und nicht politischen Kriterien oder Wünschen der Eigentümer.

Wie sehen Sie den Wohnungsmarkt in Tirol?

Härting: Es hängt immer davon ab, ob man in einer kleinen Gemeinde, einer Bezirksstadt oder in Innsbruck baut. In der Landeshauptstadt und manchen Bezirksstädten ist der Druck auf die Gemeinnützigen immens groß, da wir keine Grundstücke bekommen. Wir sind auf Umwidmungen angewiesen. Das heißt die Gemeinde widmet nur dann ein Grundstück um, wenn eine Teilfläche für sozialen Wohnbau zur Verfügung gestellt wird.

Warum sind die gedeckelten Baukosten für die Gemeinnützigen ein Problem?

Härting: Die Baukosten sind ebenso wie die Anzahl der Normen explodiert. Wir sind mit wasserrechtlichen, feuerpolizeilichen, behindertengerechten Normen konfrontiert und mit Vorgaben der Energiestandards. Das alles sind Preistreiber.

Was sollte man also tun?

Härting: Wir müssen die Normenflut wieder eindämmen. Doch das ist ein hochsensibler Bereich. Niemand würde es wagen, eine behindertengerechte Norm in Frage zu stellen.

Was halten Sie von einer Quote für behindertengerechte Wohnungen.

Härting: Das würde Sinn machen. Derzeit kommen Gemeinden zu uns und brauchen Wohnungen für Menschen mit Behinderung. Doch wir haben keine frei, da natürlich alle vergeben sind. Darin leben Menschen mit unbefristeten Mietverträgen. Ich komme gar nicht an die behindertengerechten Wohnungen, wenn sie benötigt werden.

Wie könnte man den Markt für soziales Wohnen in Zentralräumen wie Innsbruck in Schwung bringen?

Härting: Eine Aufhebung der Grundkostendeckelung wäre eine Katastrophe, eine Freigabe ließe die Preise noch mehr explodieren. Die Deckelung ist daher wichtig. Eine Anhebung der Grundkosten würde auch nichts bringen. Mit einer Erhöhung von beispielsweise 100 Euro wären wir ja noch immer meilenweit von der Realität entfernt.

Und was wäre eine sinnvolle Maßnahme?

Härting: In Tirol gab es früher das Widmungsmodell „objektgeförderter Wohnbau“, den hat man durch den „geförderten Wohnbau“ abgelöst: Wenn 20 Wohnungen gebaut werden und davon ist eine gefördert, dann erfüllt man die Widmungskategorie „geförderter Wohnbau“. Das nützen gewerbliche Bauträger: Die Erdgeschoßwohnungen werden wohnbaugefördert angeboten. In den Stockwerken darüber wird Geld verdient. Bei einer Objektförderung hingegen muss jede Wohnung gefördert sein. Wenn man das wieder einführt, dann würden gewerbliche Bauträger bei manchen Projekten ausscheiden und die Preise würden sich beruhigen.

Welche Projekte laufen derzeit bei Frieden?

Härting: 304 Wohnungen sind in Bau, 272 sind in Vorbereitung. Wir sind in Tirol ein kleines, wendiges Büro mit 25 Mitarbeitern. Wir können uns Projekten widmen, die ein Großer nicht so gerne aufgreift. Im Zentrum von Niederndorf renovieren wir z. B. im Zuge der Ortskernrevitalisierung einen Altbestand. In dem kleinen, aber charmanten Projekt soll dann betreutes Wohnen stattfinden.

Wirtschaft im Gespräch mit Frank Tschoner