„Failed State“ Libyen: Tief gespaltenes Land - unversöhnlich?

Tripolis (APA/dpa) - Vier Jahre nach dem Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi ist aus Libyen ein tief gespaltenes Bürgerkriegsla...

Tripolis (APA/dpa) - Vier Jahre nach dem Sturz des Langzeitmachthabers Muammar al-Gaddafi ist aus Libyen ein tief gespaltenes Bürgerkriegsland geworden, das als „Failed State“ - als gescheiterter Staat - gilt. Es gibt zwei rivalisierende Regierungen, zwei Parlamente, zwei Zentralbanken und zwei Nationale Ölfirmen. Dutzende Milizen wollen ihre eigenen Interessen durchsetzen.

Extremisten machen Teile des ölreichen nordafrikanischen Landes unsicher - auch die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hat einen Ableger in Libyen. Die international anerkannte Regierung sitzt in der ostlibyschen Stadt Tobruk und stützt sich auf die libysche Armee. So gespalten wie das ganze Land, sind auch die Fraktionen innerhalb ihres Parlaments, das etwa 180 Abgeordnete hat. Auf der einen Seite gibt es jene, die für den UN-Vorschlag einer Regierung der Nationalen Einheit sind und eine friedliche Lösung des Konflikts anstreben.

Auf der anderen Seite stehen die Gegner des Entwurfs: Unterstützer des einflussreichen Armee-Generals Khalifa Haftar. Dieser wurde einst eingesetzt, um mit harter Hand gegen Extremisten in der umkämpften Stadt Bengazi vorzugehen. Ihm wird nachgesagt, eine Militärregierung in Libyen aufbauen zu wollen.

Haftar fürchtet in einer Einheitsregierung um seine Macht, viele Beobachter sehen ihn deshalb als aktiven Störer der Friedensverhandlungen, die in den vergangenen Monaten meist in Marokko stattfanden. Zudem gibt es im Tobruk-Parlament Föderalisten, die einer Einigung ebenfalls ablehnend gegenüber stehen.

In Tripolis dagegen sind Regierung und Parlament islamistisch geprägt. Die starken Milizen aus Misrata, einer Stadt etwa 200 Kilometer östlich der Hauptstadt, gelten als ihr militärisches Rückgrat. Misrata ist zugleich aber auch ein bedeutender Motor der brachliegenden Wirtschaft des Landes. Geschäftsleute mit Einfluss in Tripolis wollen die Einheitsregierung, um den Handel wieder in Schwung zu bringen, und gelten als treibende Kraft in den Friedensverhandlungen.

Islamistische Hardliner in Tripolis - als einer der einflussreichsten gilt Parlamentspräsident Nuri Abusahmein - dagegen fürchten einen zu weltlichen Staat und zu wenige Einflussmöglichkeiten in der neuen Regierung. Unter anderem sieht der ausgehandelte Entwurf vor, das Parlament in Tobruk zur maßgeblichen Volksvertretung des Landes zu machen und die Abgeordneten in Tripolis in einen Staatsrat mit begrenzten Befugnissen zu überführen.