Hypo-U-Ausschuss - Umdeutung von not distressed in sound überraschte
Wien/Klagenfurt (APA) - Johannes Turner, damals Abteilungsleiter in der Nationalbank, hat 2008 nicht geahnt, dass die OeNB-Bewertung der Hyp...
Wien/Klagenfurt (APA) - Johannes Turner, damals Abteilungsleiter in der Nationalbank, hat 2008 nicht geahnt, dass die OeNB-Bewertung der Hypo als not distressed vom Finanzministerium umgehend als sound an die EU weitergegeben würde. Die OeNB habe zwar gewusst, dass es in der EU nur die Kategorien distressed (notleidend) und sound (gesund) gab. Es sei aber nicht der OeNB-Auftrag gewesen, die Bank danach einzustufen.
„Für uns war klar, dass der Auftrag so offen war, dass ich nicht zwischen schwarz und weiß entscheiden muss“, sagte Turner am Mittwoch bei seiner Befragung im Hypo-U-Ausschuss. Die Einstufung im Dezember 2008 sei aber ohnehin nur für die Konditionen der staatlichen Kapitalspritze (PS-Kapital) relevant gewesen, nicht für die grundsätzliche Entscheidung, ob überhaupt eine Kapitalspritze gewährt wird. Außerdem war der Terminus ‚not distressed‘ „für mich keine dritte Kategorie. Für mich war es die bestmögliche Beschreibung der Lage mit dem Wording der Kommission“.
Letztlich flossen 900 Mio. Euro PS-Kapital. Ob die Entscheidung dazu schon vor der Einstufung der Hypo als „not distressed“ gefallen war, wusste Turner nicht, er verwies aber darauf, dass es einen Briefverkehr zwischen Bayern und Finanzministerium über die Absicht einer Kapitalspritze gegeben habe. Dank der Kapitalerhöhung durch die BayernLB mit 700 Mio. Euro habe die Hypo aber auch ohne das PS-Kapital die Kapitalerfordernisse erfüllt und hätte auch ohne PS-Kapital eine Bilanz erstellen können, sagte Turner. Darum war sie nicht als „distressed“ einzustufen. „Bei Eigenmittelunterschreitung hätten wir distressed gesagt.“ Ohne die 700 Mio. Euro der Bayern wäre die Hypo Alpe Adria daher „distressed“ gewesen. Für die Gewährung von PS-Kapital war aber die Systemrelevanz der Bank entscheidend - nicht die Einstufung als „distressed“ oder „sound“, bestätigte Turner.
Wenn die Bank als „distressed“ bewertet worden wäre, wäre dadurch ein Sanierungsplan ausgelöst worden, bestätigte Turner. Da aber ohnehin wenige Monate später ein Sanierungsplan erarbeitet wurde, hätte das „keinen Unterschied gemacht“. Abwicklungspläne dauerten ohnehin Jahre, auch jener der Hypo wurde erst 2013 genehmigt, erinnerte Turner.
Die BayernLB konnte ihrerseits ihrer Tochter Hypo Alpe Adria nur dank einer 10 Mrd. Euro schweren Beihilfe durch das Land Bayern die 700 Mio. Euro zuschießen. 2009 habe die EU-Kommission zwar Zweifel geäußert, dass dieser Kapitalfluss zulässig war, 2013 sei dann aber die Entscheidung gefallen, dass es sich nicht um eine verbotene Beihilfe gehandelt habe.