Loderndes „Starfire“ und neue Facetten: Jaga Jazzist kommen nach Wien
Wien (APA) - Ein Sternenfeuer ist eine recht passende Assoziation, hört man sich das aktuelle Album der norwegischen Band Jaga Jazzist an. A...
Wien (APA) - Ein Sternenfeuer ist eine recht passende Assoziation, hört man sich das aktuelle Album der norwegischen Band Jaga Jazzist an. Auf dem vor wenigen Monaten vorgelegten „Starfire“ lebt die Gruppe um Hauptsongwriter Lars Horntveth noch eingehender als sonst ihre Vorliebe für progressiven Rock in Kombination mit einer dem Jazz entliehenen Stilistik aus. Am Dienstag gastiert sie im Wiener Porgy & Bess.
Seit gut 20 Jahren und mit einem halben Dutzend Studioalben ist das mehrköpfige Ensemble für stete Soundwandlungen gut. „Aber es wird schwieriger, sich nicht zu wiederholen und den Zugang frisch zu halten“, erklärte Horntveth im APA-Gespräch. „Wir versuchen immer das Gegenteil von dem zu machen, was auf der Vorgängerplatte passierte. Das ist zwar beinahe unmöglich, aber einfach unsere Arbeitsweise. Zum Glück entwickeln wir uns weiter und verbreitern unseren Sound. So sind derzeit etwa die ganzen Synthies eine neue Facette.“
Und was für eine: Schon beim titelgebenden Opener wird man in bester Prog-Rock-Manier abgeholt, schlagen Jaga Jazzist diverse Haken und manövrieren sich mit unglaublicher Sicherheit durch ein psychedelisches Feld voller Gitarren, Keyboardsounds und vielseitiger Perkussion. „Wir haben jetzt auch viel mehr Instrumente auf der Bühne, um diese Stücke überhaupt spielen zu können“, warf Horntveth lachend ein. Die Zusammenstellung für die druckvollen Livegigs passiere aber dennoch recht spontan. „Das kommt ganz auf den jeweiligen Abend an. Wir spielen das, was uns stimmig vorkommt. Aber natürlich sind die neuen Songs ziemlich lang, alleine schon deshalb fallen viele ältere aus dem Set.“
Denn beispielsweise „Big City Music“ entführt die Zuhörer fast eine Viertelstunde lang in scheinbar weit entfernte Sphären. Bei aller Wandlungsfähigkeit der genresprengenden Band dann doch eine kleine Überraschung. „Das ist wichtig für uns, wir wollen uns auch gegenseitig überraschen und herausfordern“, unterstrich Horntveth. „‘Starfire‘ hebt sich auch deshalb von unseren restlichen Platten ab. Ich habe in Los Angeles mehr als ein Jahr lang daran gearbeitet und die anderen einzeln zu mir geholt. Wir waren während der Aufnahmen also nie gemeinsam in einem Raum oder haben geprobt. Es ist wirklich eine Studioplatte.“
Die US-Metropole habe sonst allerdings keinen direkten Einfluss gehabt, meinte Horntveth. „Mal abgesehen davon, dass ich dort am Anfang viel mit dem Auto herumgefahren bin und House-Musik hörte. Deren Drive gefiel mir, das war etwas, was ich auch auf dem Album haben wollte. Du willst einfach im Moment sein, es soll alles so schnell wie möglich auf den Punkt kommen. Das floss dann schon in das Songwriting ein.“ Aber auch sonst hätte die getrennte Herangehensweise für die derzeit neunköpfige Gruppe durchaus positive Seiten gehabt. „Klar war es eine Zeitfrage. Aber zu zweit kannst du wirklich die Meinungen ausdiskutieren. Wenn wir alle im Proberaum stehen, ist das nicht unbedingt der Fall.“
Die fertigen Songs habe man in der Produktion zum Teil nochmals über den Haufen geworfen. „Wir gehen das gerne wie einen Remix-Prozess an. Da schaut man sich die einzelnen Elemente an und geht sehr offen damit um. Uns ging es um die Idee, dass wir für die Präsentation von Strophe, Refrain oder Bridge komplett ohne Vorgaben arbeiten wollten.“ Klassische Songelemente zu identifizieren, fällt ohnedies schwer. Wobei „Oban“ oder „Shinkanses“ zwar klare Hauptthemen vorweisen, die Songs aber gerne Haken schlagen, mal einem Drone-Vibe nachgehen oder doch lieber luzide Klangspielereien in den Fokus rücken.
So assoziativ der musikalische Ausdruck, so spielerisch auch die Titelfindung. „Das passiert zufällig und ist eigentlich auch keine so ernste Sache, um ehrlich zu sein“, schmunzelte Horntveth darauf angesprochen. „Der Titelsong zum Beispiel hat seinen Namen von einer Gitarre, auf der ich das Stück geschrieben habe. Aber je länger ich mich damit beschäftigt habe, umso besser passte es. Also habe ich das Stück ziemlich spacig gemacht, was sonst vielleicht nicht passiert wäre. ‚Big City Music‘ heißt wiederum der Musikladen in L.A., in dem ich die meisten Synthies für diesen Song gekauft habe. Und ‚Oban‘ ist der Name einer Whiskey-Marke - aber wer weiß, was das im Kopf des Hörers macht oder ob er es überhaupt bemerkt? Ich nehme gerne Titel, die ein bestimmtes Bild vermitteln. Was man damit anfängt, ist jedem selbst überlassen.“
(S E R V I C E - Jaga Jazzist live am 10. November im Porgy & Bess, Riemergasse 11, 1010 Wien; https://jagajazzist.bandcamp.com)