Flüchtlinge - Deutschland: Woidke fordert mehr Finanzhilfen vom Bund

Berlin (APA/Reuters/AFP) - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordert angesichts des starken Zustroms an Flüchtlingen einen...

Berlin (APA/Reuters/AFP) - Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) fordert angesichts des starken Zustroms an Flüchtlingen einen Nachschlag des Bundes auf dessen zugesagte Finanzhilfen für die Länder. „Wir hatten bei 800.000 Flüchtlingen eine Beteiligung des Bundes an den Kosten von zwei Milliarden Euro, nun werden es deutlich über eine Million Flüchtlinge in diesem Jahr.“

Das sagte der SPD-Politiker der „Rheinischen Post“ vom Donnerstag. „Da bedarf es eines schnellen Nachschlags“, forderte er. Der Bund könne nicht sein Vorhaben einer „schwarzen Null“ im Haushalt auf Kosten der Bundesländer sichern.

Woidke forderte von der Bundesregierung auch mehr Anstrengungen zur Integration von Flüchtlingen. „Wir brauchen ein Programm, wie wir es in Ostdeutschland vor 20 bis 25 Jahren hatten“, sagte Woidke am Donnerstag im rbb-inforadio. Nötig sei „ein Qualifizierungsprogramm für die Menschen, die zu uns kommen“ - ein Beschäftigungsprogramm.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) mahnte vor dem Treffen eine Einigung in der Flüchtlingspolitik an. Die Bevölkerung schaue sehr aufmerksam hin, ob die Politik ergebnisorientiert arbeite, oder ob sie sich überwiegend mit sich selbst auseinandersetze. „Deswegen hoffe ich sehr, dass es auch insbesondere auf Seiten der Union die notwendige Kompromissbereitschaft gibt“, sagte er im Bayerischen Rundfunk.

Die Schnittmenge liege in der gemeinsamen Absicht, erst einmal wieder Ordnung in das Asylverfahren hineinzubringen. „Wir müssen in ein systematisches Verfahren reinkommen, dass Menschen, die nach Deutschland kommen, sehr schnell registriert werden, erkennungsdienstlich behandelt werden, und dann in einem geregelten Verfahren weitergeleitet werden“, sagte Weil.

Nach wochenlangem Streit will die Berliner Regierungskoalition aus CDU, CSU und SPD am Donnerstag eine Einigung über die nächsten Schritte in der Flüchtlingspolitik erzielen. Zunächst treffen sich am Nachmittag die Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Sigmar Gabriel (SPD) zu Beratungen im kleinen Kreis im Kanzleramt. Später werden dann die Ministerpräsidenten der Länder bei der Bundeskanzlerin erwartet. Für den Abend ist eine Pressekonferenz geplant. Union und SPD hatten zuletzt signalisiert, dass sie eine Lösung im Streit um die Einrichtung von Transitzonen für Flüchtlinge erwarten.

Offiziell geht die deutsche Bundesregierung noch davon aus, dass im laufenden Jahr rund 800.000 Flüchtlinge nach Deutschland kommen. Der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel aber spricht inzwischen bereits von rund einer Million Zuwanderern.

Neue Registrierzentren für Flüchtlinge und Migranten sind nach Ansicht von Unionsfraktionschef Volker Kauder auch als Signal an die Herkunftsländer wichtig. Es müsse klarwerden, dass Menschen ohne Einreiserecht Deutschland gar nicht erst betreten könnten, sagte der CDU-Politiker im Sender n-tv am Donnerstag vor dem Spitzentreffen der Großen Koalition. „Das ist auch eine Botschaft an die Menschen in ihren Heimatländern und an die Schlepper.“ Ob diese Einrichtungen Transitzonen oder wie von der SPD gefordert Einreisezonen hießen, sei unwichtig. „SPD-Oberbürgermeister schreiben auch uns, dass solche Einrichtungen notwendig sind, um einfach die Situation an der Grenze besser ordnen zu können.“

Die CSU-Landesgruppenchefin im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, schlug ein Stufenmodell vor. „Ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir ein Stufenverfahren definieren, also zunächst mit einer Gruppe wie den Menschen aus sicheren Herkunftsländern beginnen“, sagte Hasselfeldt der Zeitung „Welt“. Bisher hätten Flüchtlinge Vorteile davon, wenn sie ihre Identität verschleierten. Dies müsse abgestellt werden.

Vor den neuen Spitzentreffen zur Flüchtlingspolitik am Donnerstag hat die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl Union und SPD vor „faulen Kompromissen“ auf Kosten der betroffenen Menschen gewarnt. „Schutzsuchende müssen den Zugang zu einem regulären Asylverfahren haben“, verlangte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt in Frankfurt. Scharfe Kritik übte er in diesem Zusammenhang an Plänen vor allem von CDU und CSU für sogenannte Transitzonen an den Grenzen.

„Bei den bisher bekannt gewordenen Vorschlägen geht es im Kern darum, Flüchtlingen den Zugang zu einem Asylverfahren zu verwehren“, sagte Burkhardt. Das sei mit dem internationalen Flüchtlingsrecht nicht vereinbar. Die SPD lehnt die Pläne der Union zwar ab, plädiert als Alternative aber für dezentrale Registrierungszentren und will Ansprüche auf die Gewährung von Sozialleistungen von einem Aufenthalt dort abhängig machen.

„Transitzonen sind mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nicht zu vereinbaren, weil sie als Schnellverfahren die nötige Sorgfalt der Asylanhörung missen lassen“ und „den Rechtsschutz stark einschränken“, erklärte Burkhardt. Er wandte sich auch gegen Pläne, Flüchtlinge aus Afghanistan in ihr Heimatland zurückzuschicken.