Regelungen zur Sterbehilfe gehen in Europa weit auseinander

Berlin (APA/AFP) - In europäischen Staaten gehen die Meinungen zu dem heiklen Thema Sterbehilfe weit auseinander - und die Regelungen sind s...

Berlin (APA/AFP) - In europäischen Staaten gehen die Meinungen zu dem heiklen Thema Sterbehilfe weit auseinander - und die Regelungen sind sehr unterschiedlich.

AKTIVE STERBEHILFE, also die Tötung eines Menschen auf Verlangen, ist in den meisten EU-Staaten verboten. Ausnahmen bilden Belgien, die Niederlande und Luxemburg. BEIHILFE ZUM SUIZID, etwa das Beschaffen von tödlichen Medikamenten, die der Patient dann selbst einnimmt, sind in einer Reihe von Ländern erlaubt oder werden zumindest geduldet.

INDIREKTE STERBEHILFE, beispielsweise das Verabreichen starker Schmerzmittel, die den Tod beschleunigen können, ist in vielen EU-Staaten zulässig. Voraussetzung dafür ist aber oft eine Patientenverfügung. Das gleiche gilt für PASSIVE STERBEHILFE, also den Verzicht auf lebenserhaltende Maßnahmen wie künstliche Ernährung.

In den NIEDERLANDEN, BELGIEN und LUXEMBURG ist aktive Sterbehilfe durch den Arzt erlaubt. Voraussetzung ist eine unweigerlich zum Tod führende Krankheit des Patienten sowie dessen ausdrückliche Willensäußerung. Außerdem müssen die Betroffenen voll zurechnungsfähig sein. Über die Zulässigkeit der Tötung entscheidet eine Kontrollkommission aus Ärzten, Juristen und Ethikbeauftragten.

Seit vergangenem Jahr gewährt BELGIEN auch unheilbar kranken Kindern, die unerträgliche Schmerzen haben, das Recht auf aktive Sterbehilfe. Ein Mindestalter schreibt das Gesetz nicht vor, die Kinder müssen aber „urteilsfähig“ sein. Auch die NIEDERLANDE erlauben Sterbehilfe für Kinder; diese müssen mindestens zwölf Jahre alt sein.

Die Beihilfe zum Suizid ist in der SCHWEIZ nicht ausdrücklich erlaubt. Sie wird jedoch toleriert. Laut Gesetz ist es zwar strafbar, jemandem „aus selbstsüchtigen Beweggründen“ bei der Selbsttötung zu helfen. Wird dem Helfer jedoch kein solcher Beweggrund nachgewiesen, bleibt er straffrei. Organisationen wie „Exit“ und „Dignitas“ bieten Beihilfe zum Suizid als eine Art Dienstleistung an. Aktive Sterbehilfe ist hingegen auch in der Schweiz verboten.

In FRANKREICH dürfen Ärzte einen unheilbar kranken Patienten „sterben lassen“, sein Leben aber nicht aktiv beenden. Einem „Gesetz über Patientenrechte am Lebensende“ vom Jahre 2005 zufolge kann ein Patient auf eigenen Wunsch schmerzstillende Mittel bekommen, auch wenn diese seinen Tod beschleunigen können. Das Gesetz gilt aber als zu unklar und soll daher reformiert werden.

Im März verabschiedete die französische Nationalversammlung eine Reform, die todkranken Patienten das Recht auf eine dauerhafte, zum Bewusstseinsverlust führende Medikamentenbehandlung „bis zum Tod“ gewähren soll. Der Senat, das Oberhaus des Parlaments, schwächte den Entwurf jedoch Ende Oktober ab. Unter anderem wurde die Möglichkeit gestrichen, die künstliche Ernährung todkranker Patienten komplett zu beenden.

Nun soll ein Vermittlungsausschuss aus sieben Abgeordneten und sieben Senatoren einen Kompromiss finden. Aufgeheizt wird die Debatte in Frankreich durch den Rechtsstreit um einen seit mehreren Jahren im Wachkoma liegenden, querschnittsgelähmten Franzosen. Ein Teil der Angehörigen fordert für den 38-Jährigen das Recht auf Sterben, also das Ende der künstlichen Ernährung. Seine Eltern lehnen dies strikt ab.

In GRIECHENLAND, wo die orthodoxe Kirche sehr einflussreich ist, gilt Sterbehilfe als Beleidigung Gottes und ist streng verboten. Auch Beihilfe zu Suizid ist nicht erlaubt.

Im katholischen POLEN sind nicht nur alle Arten von aktiver oder passiver Sterbehilfe untersagt, sondern auch Beihilfe zur Selbsttötung. Wer gegen diese Vorschriften verstößt, nimmt mehrjährige Freiheitsstrafen in Kauf.

DEUTSCHLAND hat die aktive Sterbehilfe verboten. Wer jemanden auf dessen Wunsch tötet, wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Passive Sterbehilfe hingegen ist erlaubt. Laut dem deutschen Bundesgerichtshof dürfen Ärzte die Maßnahmen auch dann abbrechen, wenn der Patient noch nicht kurz vor dem Tod steht.

Das Thema Sterbehilfe wurde monatelang quer durch die Parteien kontrovers diskutiert. Am Freitag ist nun im Deutschen Bundestag die Abstimmung über eine Reform geplant - der Ausgang ist ungewiss.

In ÖSTERREICH ist die passive Sterbehilfe gesetzlich erlaubt. 2006 verabschiedete der Nationalrat ein Patientenverfügungsgesetz. Beihilfe zum Suizid ist aber wie in Deutschland strafbar.