Rumäniens bisheriger Unterrichtsminister zum Interims-Premier ernannt

Bukarest (APA) - Nach dem Rücktritt des rumänischen Premier Victor Ponta hat Präsident Klaus Johannis (Iohannis) am Donnerstag den bisherige...

Bukarest (APA) - Nach dem Rücktritt des rumänischen Premier Victor Ponta hat Präsident Klaus Johannis (Iohannis) am Donnerstag den bisherigen Bildungsminister Sorin Cimpeanu (Campeanu) zum interimistischen Regierungschef ernannt. Der 47-jährige parteilose Politiker, der Ponta offen unterstützt hatte, soll die Regierungsgeschäfte bis zum Antritt einer vom Parlament gewählten Regierung kommissarisch führen.

Den Vorschlag der Sozialdemokraten (PSD) Pontas, die den bisherigen Verteidigungsminister Mircea Dusa nominiert hatte, lehnte Johannis ab. Der Präsident nahm am Donnerstag Beratungsgespräche mit den Parteien zur Regierungsbildung auf. Johannis kündigte am Donnerstag außerdem an, erstmals auch Gespräche mit Vertretern der Protestbewegung bzw. der Zivilgesellschaft führen zu wollen.

Am Dienstag und Mittwoch waren Zehntausende Menschen in mehreren Städten Rumäniens auf die Straße gegangen und hatten gegen die Regierung protestiert. Auslöser der Proteste war die Brandkatastrophe im Bukarester Nachtclub „Colectiv“, bei der vergangenes Wochenende 32 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Demonstranten machten die grassierende Korruption und die Regierung Ponta für die Katastrophe verantwortlich. Wie Hunderte ähnliche Einrichtungen in Rumänien war der Club trotz offenkundiger und gravierender Mängel mit fahrlässig erteilten behördlichen Zulassungen und kaum sanktionierten Verstößen gegen die Vorschriften in Betrieb. Erst wenige Tage vor dem Brand hatte es eine polizeiliche Kontrolle gegeben.

Nach den ersten Massenprotesten war der politisch wegen Korruptionsvorwürfen bereits seit längerem angeschlagenen Ponta am Mittwoch zurückgetreten. Trotzdem gingen auch am Mittwochabend erneut 60.000 Menschen landesweit auf die Straße. Die Menschen forderten die Bekämpfung der Korruption und die Einsetzung einer Technokratenregierung. „Ein neues System mit neuen Leuten“ skandierten viele Protestierende.

Während die oppositionelle Nationalliberale Partei (PNL) vorgezogene Wahlen fordert, bestehen die Sozialdemokraten (PSD), die zusammen mit ihren bisherigen Koalitionspartnern im Parlament über eine fast 70-prozentige Mehrheit verfügen, darauf, dass sie bis zu den regulären Parlamentswahlen Ende 2016 weiterregieren wollen.

Mehrere Ereignisse hatten dazu beigetragen, dass sich in der Bevölkerung „ein berechtigter Zorn“ anstaute, wie es Ponta selbst in seiner Rücktrittserklärung formulierte. So läuft gegen Ponta seit Juli ein von der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingeleitetes Verfahren, seit September steht er wegen Aktenfälschung, Geldwäsche und Komplizenschaft zu Steuerhinterziehung vor Gericht. Dennoch verweigerte er wochenlang einen Rücktritt. Ponta wird Freunderlwirtschaft in seiner früheren Tätigkeit als Anwalt vorgeworfen - er soll für nicht erfolgte Leistungen fiktive Honorarnoten ausgestellt haben. Dabei ging es um Rechtsberatungsverträge mit zwei staatlichen Unternehmen.

Auch sein nun eingesetzter Nachfolger Cimpeanu ist eine kontroverse Person. Der Tiermediziner gilt als Unterstützer Pontas. Der bisherige Bildungsminister, der gleichzeitig Rektor der Bukarester Universität für Bodenkultur und Veterinärmedizin ist, fungiert als Generalsekretär der Kommission zur Anerkennung akademischer Titel, Diplome und Zertifikate (CNATDCU). Er gehört zu jenen CNATDCU-Mitgliedern, die der damalige Unterrichtsminister Liviu Pop 2012 zusätzlich eingesetzt hatte, um die Institution unangekündigt und binnen eines Tages „umzuorganisieren“, nachdem sie befunden hatte, dass sich Ponta bei seiner Doktorarbeit des Plagiats schuldig gemacht hatte. Ponta verzichtete Ende 2014 „freiwillig“ auf seinen Doktortitel.

Unter Cimpeanus Führung leitete das Unterrichtsministerium außerdem eine Gesetzesinitiative zur „Amnestie für Plagiatoren“ ein, die es ermöglicht hätte, freiwillig auf Doktortitel zu verzichten. Das Gesetz wurde vom Parlament abgelehnt.