Populär, komplex, aktuell: Kunsthalle zeigt „Politischen Populismus“

Wien (APA) - Gleichermaßen vielfältig wie komplex präsentiert sich „Politischer Populismus“: Die Ausstellung der Kunsthalle Wien greift dem ...

Wien (APA) - Gleichermaßen vielfältig wie komplex präsentiert sich „Politischer Populismus“: Die Ausstellung der Kunsthalle Wien greift dem Titel gemäß aktuelle Tendenzen gesellschaftlicher Entwicklungen auf, hinterfragt und untergräbt sie, setzt sie in lustvolle wie spielerische Kontexte und überlässt es dem Besucher, aktuelle Querverbindungen zu ziehen. Sie sei „Chance und Herausforderung“ zugleich.

Kunsthallen-Direktor Nicolaus Schafhausen sprach damit bei der Pressekonferenz am Donnerstag die Zeitkomponente der Schau, für die rund 20 Positionen internationale Künstler versammelt wurden, an. „Diese Ausstellung kommt genau zur richtigen Zeit, wenn sie auch punktuell immer wieder von der Realität eingeholt werden wird.“ Natürlich bezog er sich damit auf die Flüchtlingskrise und die politische Situation in Europa. „Als ich vor zwei Jahren erste Überlegungen zu dieser Ausstellung hatte, war die Situation noch eine etwas andere.“

In vielerlei Form habe sich aber das Erstarken des Populismus, das sich „damals am Horizont abzeichnete“, nun bewahrheitet. Für ihn als Kurator stelle sich die Frage, wie Kunst mit solchen Situationen umzugehen hat. „Es ist vielleicht gar nicht die Aufgabe, das Weltgeschehen tagesaktuell zu kommentieren. Sondern eher aus einer gewissen Distanz Themen aufzugreifen und in eine visuelle Sprache zu übersetzen, die sich vorschnellen Schlussfolgerungen entzieht.“ Von Vereinfachung und Reduzierung kann daher bei den Exponaten keine Rede sein, wie sich schnell zeigt.

Bereits im Eingangsbereich stellen sich den Besuchern nämlich vier große Glaskuben in den Weg. Bei genauerer Betrachtung entpuppen sie sich als Serverkästen, die der in Berlin lebende Neuseeländer Simon Denny zum Kommentar auf NSA und Co nutzt. „Secret Power Highlighted“ thematisiert staatliche Symbole um Wissen und Macht, konterkariert sie sogar bis zu einem gewissen Grad. Wenige Schritte weiter hat Flaka Haliti 20 gelbe Einkaufstaschen aufgestellt, gefüllt mit blauem Sand, darin aus Metallstangen geformte Figuren aufragend. Betitelt sind diese mit Namen wie Grace, Philip oder Julien - es sind verfremdete Gesichter von Flucht und Migration, Identitäts- und Sicherheitssuche.

Zum sinnlichen Erlebnis wird „The Incidental Insurgents, Part 3“ von Basel Abbas und Ruanne Abou-Rahme: In einem separaten Raum begegnet man der Videoinstallation, die auf vier Leinwänden eine bildstarke Suche zu illustrieren scheint. Immer wieder mit Auszügen aus Schriften und Manifesten von Victor Serge oder Roberto Bolano unterbrochen und ergänzt, sind die Protagonisten fast durchwegs von hinten zu sehen, wie sie sich meist auf die Sonne zubewegen. Traum und Realität verschwimmen hier, während die Worte wie Schlaglichter in dichter Abfolge die Stimmung ergänzen und intensives Dröhnen aus den Boxen den Raum erfüllt.

Raumgreifend gelingt auch Goshka Macugas Antwort auf gesellschaftliche Normen: Sieben Meter in der Höhe misst ihre Skulptur „Model for a Sculpture (Family)“, die im Obergeschoß traditionelle Werte heranzieht. Die Elternteile betrachten dabei das in der Mitte positionierte, lesende Kind, wobei die Züge nur angedeutet sind. Daneben wähnt man sich in einem Fernsehstudio: Die Kameras und Lautsprecher sind bei Minouk Lim aber nur auf den ersten Blick „natürlich“, hängen doch erstere schon mal an einem Baumstamm. Erweitert um die Videos „Navigation ID“ und „from x to a“ sowie organische Formen zitierende Figuren geht die Südkoreanerin auf Massenmorde an der eigenen Bevölkerung ein.

Nicht alles erschließt sich direkt, was Schafhausen mit seinem Team hier zusammengetragen und angeordnet hat. Es ist vielmehr die „radikal subjektive Perspektive“, die der Kunsthallen-Direktor zuvor noch angesprochen hat, die sich in vielen der Arbeiten entlädt. Lässt man sich darauf ein, zeigen sich aber Bezüge, Muster oder Gegenpositionen. „Die entscheidende Frage ist, welchen Einfluss der Künstler heute auf die Gesellschaft haben kann“, so Schafhausen. Leicht zu beantworten ist sie sicherlich nicht. In der Beschäftigung damit tun sich aber neue Deutungshorizonte auf.

Die Ausstellung sowie das umfangreiche Begleitprogramm, das in den kommenden drei Monaten jeden Künstler nach Wien führen wird, sind kostenlos zu besuchen. „Ist das bereits eine populistische Maßnahme angesichts einer auf Besucherzahlen eingeengten Diskussion um Erfolg?“, bezog sich Schafhausen von selbst auf die Kritik aufgrund gesunkener Zahlen im eigenen Haus. Die Kunsthalle wolle mit „Politischer Populismus“ jedenfalls auf Inklusion statt Exklusion setzen.

(S E R V I C E - „Politischer Populismus“ von 7. November bis 7. Februar 2016 in der Kunsthalle Wien, Museumsplatz 1, 1070 Wien, tägl. 10 bis 19 Uhr, Do 10 bis 21 Uhr; der Eintritt zur Ausstellungen sowie dem kompletten Rahmenprogramm ist kostenlos; weitere Informationen unter www.kunsthallewien.at)

(B I L D A V I S O - Bilder zur Ausstellung stehen unter http://www.kunsthallewien.at/#/de/meta/presse zum Download bereit.)