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EU-Kommission: Nationale Behörden haben bei VW „versagt“

Symbolfoto.
© Julian Stratenschulte

Die schwerste Krise des Konzerns nimmt immer größere Ausmaße an. Die EU will die nationalen Behörden in Zukunft kontrollieren.

Wolfsburg – Wegen des VW-Skandals will die EU-Kommission nach eigenem Bekunden die nationalen Behörden und ihre KFZ-Zulassungsstellen schärfer unter die Lupe nehmen. „Die Genehmigungssysteme der Mitgliedstaaten haben versagt“, sagte EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska in einem Interview der Süddeutschen Zeitung. Man wolle künftig kontrollieren und überprüfen, ob die nationalen Behörden ordnungsgemäß arbeiten. Zudem sollten die Mitgliedstaaten die Ergebnisse von Fahrzeug-Tests untereinander austauschen.

Es braucht eine Systemänderung

Die EU-Kommission werde im Dezember Details zu den Plänen vorstellen, die dann mit den EU-Staaten und dem Europaparlament abgestimmt werden müssen, so Bienkowska. Mit Blick auf VW betonte sie: „Es geht nicht darum, Geld zu zahlen und dann ist der Fall vorbei. Wir müssen Gewissheit haben. Es geht darum, das ganze System zu ändern.“

Wegen der falschen CO2-Werte könnten Volkswagen auch EU-Strafen drohen. Bevor die EU-Kommission über mögliche Geldstrafen entscheide, müssten aber erst die Fakten geklärt werden, erläuterte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Seit 2012 gibt es für die Autohersteller CO2-Grenzwerte, die sie im Durchschnitt ihrer gesamten Flotte einhalten müssen. Wenn diese nicht erfüllt werden, können Strafzahlungen fällig werden.

Rechtliche Grauzonen

Der Auto Club Europa (ACE) warf VW vor, trotz der Ankündigung des neuen Konzernchefs Matthias Müller zu mehr Transparenz weiter nicht mit offenen Karten zu spielen. „Mit dem jüngsten Eingeständnis verfälschter CO2-Werte tritt VW die Flucht nach vorne an, ohne die Fehler aber genau zu benennen - das wirft viele Fragen auf und verunsichert die Verbraucher weiter“, sagte ACE-Sprecher Klaus-Michael Schaal.

Einige Tricks bei Labortests würden als rechtliche Grauzone gelten, sagte Schaal. „Dass VW nun von sich aus Fehler zugibt, deutet darauf hin, dass die Firma diese Grauzone hier eindeutig verlassen hat. VW macht das nicht aus Gutmenschentum, vielmehr geht man wohl davon aus, die Fehler würden irgendwann von externer Stelle entdeckt - also lieber jetzt von sich aus an die Öffentlichkeit.“

Falsche CO2-Angaben haben Auswirkung auf KFZ-Steuern

Unter den 800.000 Fahrzeugen mit falschen CO2-Werten sind nach Angaben von Deutschlands Verkehrsminister Dobrindt auch 98.000 Benziner. Damit sind erstmals seit Bekanntwerden des Abgas-Skandals Mitte September nicht mehr nur Diesel betroffen. Volkswagen betonte, die Unregelmäßigkeiten bei CO2- und Verbrauchsangaben seien nicht durch technische Hilfsmittel verursacht worden. „Es geht um Werte, die einfach zu niedrig angegeben wurden“, sagte ein Konzernsprecher in Wolfsburg. Unter den betroffenen Autos seien viele Modelle mit dem Label „BlueMotion“, mit Volkswagen Fahrzeuge als besonders schadstoffarm vermarktet.

Wenn CO2-Werte wie zu erwarten nach oben korrigiert werden müssten, habe dies Auswirkungen auf die Kfz-Steuer, sagte Dobrindt. „Das gilt auch rückwirkend.“ In Abstimmung mit dem Bundesfinanzministerium arbeite sein Ressort daher „an einer Gesetzgebung, die dafür sorgt, dass nicht der Kunde durch diese Mehrkosten bei der Kfz-Steuer belastet wird, sondern der Volkswagen-Konzern.“

VW hatte am Dienstag mitgeteilt, es gebe „Unregelmäßigkeiten“ beim CO2-Ausstoß. Dabei geht es um die Modelle Polo, Golf, Passat, Audi A1 und A3 sowie Skoda Octavia und Seat Leon und Ibiza. Volkswagen taxierte die zusätzlichen wirtschaftlichen Risiken der falschen CO2-Angaben in einer ersten Schätzung auf rund 2 Mrd. Euro.

An der Börse reagierte die VW-Aktie mit einem dramatischen Kursverfall. Das Papier sackte an der Frankfurter Börse zeitweise um mehr als 10 Prozent ab. Die Ratingagentur Moody‘s stufte angesichts der Ausweitung des Abgas-Skandals die Bewertung von Volkswagen herab. (APA, dpa)

CO2-Werte: Autobesitzer brauchen sich keine Sorgen machen

Gute Nachricht für Inhaber von VW-Fahrzeugen, deren CO2-Ausstoß nicht den Angaben im Typenschein entspricht: Sie brauchen sich keine Sorgen über Steuernachzahlungen zu machen. Denn die Normverbrauchsabgabe (NoVA), die sich nach CO2-Emission und Fahrzeugwert richtet, wird vom Händler abgeführt - und bei dem liegt daher die Abgabenlast, so das österreichische Finanzministerium am Mittwoch.

Festgestellt wird der CO2-Ausstoß im Ursprungsland der Erstzulassung - im Falle von VW ist das Deutschland. Sobald die deutschen Behörden eine Manipulation feststellen melden sie dies dem österreichischen Verkehrsministerium, das diese Info an die Finanzverwaltung weiterleitet, beschreibt das Finanzministerium den Behördenweg.

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) appellierte heute an die Politik, strengere Regelungen und Kontrollen umsetzen. Die Autofahrer dürften für die Manipulationen jedenfalls nicht zum Handkuss kommen. Der VCÖ weist seit Jahren darauf hin, dass der Realverbrauch von Fahrzeugen nicht der Realität entspricht, woraufhin er von VW vor einigen Jahren geklagt wurde.